Am 16. Mai untersuchten Jurgen De Wispelaere und Francesca Bastagli im Rahmen der “Politics of Basic Income”-Gesprächsreihe die Auswirkungen des Krisen-Grundeinkommens (Emergency Basic Income, EBI) auf die sozialen Sicherungssysteme und die Beziehung zum Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE). Sie analysierten, ob das Krisen-Grundeinkommen in bestehende Sicherungssysteme integriert werden, Barrieren überwinden und Veränderungen hin zu großzügigeren Politiken vorantreiben kann. Zudem diskutierten sie die unterschiedlichen Meinungen darüber, ob das Krisen-Grundeinkommen eine Chance oder einen Irrweg für die zukünftige Entwicklung des BGE darstellt.
 
Vor dem Hintergrund der Corona-Krise gewann die Idee, der überwiegenden Mehrheit der Bürger:innen für einen begrenzten Zeitraum eine sofortige bedingungslose finanzielle Unterstützung zu gewähren, sowohl bei Entscheidungstragenden als auch in der Öffentlichkeit erheblich an Zugkraft. Mehrere Länder gingen dazu über, Geldtransfers einzuführen, die dem Krisen-Grundeinkommen (EBI) in wesentlichen Aspekten ähneln.
 
Das Modell des Krisen-Grundeinkommens wirft eine Reihe interessanter Fragen sowohl für Politikanalyst:innen als auch für Forschende im Bereich der sozialen Sicherung auf. Die Referierenden konzentrierten sich darauf, wie das Krisen-Grundeinkommen mit bestehenden sozialen Sicherungssystemen zusammenspielt und ob es in der Lage sein könnte, auf bestehenden Programmen aufzubauen oder einen Wandel hin zur Gestaltung und Einführung weniger zielgerichteter und großzügigerer Politiken der sozialen Sicherung in naher Zukunft voranzutreiben.
 
Eine ebenso wichtige Frage ergibt sich in Bezug darauf, wie das Krisen-Grundeinkommen zum BGE passt. Dabei müssen die klaren Gegensätze sowohl im Design (temporär versus permanent) als auch im Kontext (kurzfristiger Notfall versus langfristiger stabiler Zustand) berücksichtigt werden. Die Grundeinkommens-Community selbst ist gespalten in der Frage, ob das Krisen-Grundeinkommen als Chance gesehen werden sollte, das öffentliche Bewusstsein und die politische Unterstützung für ein Grundeinkommen weiter zu stärken, oder als Irrweg, der lediglich die produktive Entwicklung der sozialen Sicherung gefährden würde.
 
Die Veranstaltung baute auf einer Plenarsitzung des 21. BIEN-Kongresses auf, der vom 26. bis 28. September 2022 in Brisbane, Australien, stattfand und bei dem Politikexpert:innen, Vertreter:innen von INGOs und Wissenschaftler:innen, die sich mit dem Grundeinkommen beschäftigen, die Vorzüge und Auswirkungen des Vorschlags für ein Krisen-Grundeinkommen während der Corona-Pandemie diskutierten.
 
Die von der Bath UBI Beacon und dem Freiburg Institute of Basic Income Studies (FRIBIS) in Partnerschaft mit dem Basic Income Earth Network (BIEN) veranstaltete Politics of Basic Income Gesprächsreihe findet seit Oktober 2023 jeden dritten Donnerstag im Monat statt. Expert:innen aus der ganzen Welt geben Einblicke in die Politik, den Aufbau von Bewegungen und die Forschung zum BGE.