Im Mai 2022 hat Bernhard Neumärker zwei Vorträge zum Potenzial des Grundeinkommens in der Klimakrise gehalten. Am 19. Mai trug im Rahmen der Climate Public School auf Einladung von Students For Future Freiburg zum Thema „Climate Justice and New Ordoliberalism: The Case for Social Sustainability and Basic Income“ vor. In seinem Vortrag zeigt Prof. Neumärker, wie man Klimabonus-Systeme als partielles Klimagrundeinkommen ausgestalten kann. Ferner demonstriert er, inwiefern Nettoverrechnungssysteme zwischen CO₂-Steuer und Klimagrundeinkommen in Hinblick auf ökologischer Sichtbarkeit und Anreizsetzung ökologisch-sozial nachteilig sind, wenn man sie mit einem Brutto-System mit separater Steuer und Transfergestaltung vergleicht. Zudem demonstrierte er auf Grundlage des Papers CO2-Bepreisung und soziale Ungleichheit in Deutschland [Carbon Pricing and Social Inequality in Germany], dass man durch eine pro Kopf gleiche Rückzahlung der CO₂-Steuer nicht nur faire Umverteilung und Ungleichheitsabbau fördert, sondern sogar eine höhere sozialökologische Zieleffizienz erzielt als mit üblichen bedürftigkeitsorientierten Sozialtransfers.

Am 26. Mai hielt Prof. Neumärker im Konzerthaus Freiburg eine Keynote im Rahmen des 40. International Energy Workshop. In seinem Vortrag „Decarbonization regulation by a tax-transfer system: The Carbon Tax – Climate Basic Income (CaTaBi) Scheme“ stellte er sein Brutto-Steuer-Transfersystem „CaTaBi“ vor und ging dabei verstärkt auf seinen Governance-Ansatz des „Neuen Ordoliberalismus“ ein. Er zeigte unter anderem, inwiefern nur CaTaBi politisch strategiesicher (strategy proof) ist, während andere Verwendungen des Steueraufkommens stets strategische Manipulationen der Politik durch Interessengruppen (Rent-Seeking) erwarten ließen. Im ökosozialen Zusammenhang der Klimakrise müsse man auf Ex post Governance zurückgreifen, die hinreichend Schutz vor unvorhergesehenen Ereignissen (unforeseen contingencies) der Klimaentwicklung biete. Die Klimakrise mit statistischen Prognosen oder Szenarien ex ante anzugehen, hält Bernhard Neumärker dagegen nicht für zielführend. Er plädierte dafür, „Umwelt“ konfliktökonomisch und spieltheoretisch als Gegenspieler der „Natur“ anzusehen, die aufgrund der menschengemachten Klima- und Umweltschädigungen faktisch „menschenunfreundlich“ reagieren würde.

Angesichts der jüngsten Entwicklungen stellte Bernhard Neumärker eine Parallele zwischen der Klimakrise und dem Ukraine-Krieg her. Beide Krisen würden gleichermaßen zeigen, dass man „Klimaschutz“ und „Landesverteidigung“ als (globale) öffentliche Güter erst ernst nehme und hinreichende Investitionen tätige, wenn nicht mehr nur abstrakt über „Schutz“ oder „Verteidigung“ diskutiert würde, sondern man den Schutz vor einem Adversary/Gegner/Aggressor (sei es die „Natur“ oder das Putin-Regime) aktiv suche. Dass Deutschland erst im Zustand unmittelbarer Bedrohung bereit sei, 100 Milliarden Euro für seine militärische Verteidigung auszugeben, verdeutliche das dahinterstehende Vorsorgeprinzip in aller Deutlichkeit.