Die FRIBIS-Jahrestagung 2024: Ein Rückblick

Die FRIBIS-Jahrestagung 2024 fand vom 7. bis 9. Oktober an der Universität Freiburg statt. Unter dem Titel „Towards the development of a full UBI? Perspectives on partial approaches in different welfare systems“ brachte die Konferenz über 40 Vortragende und 79 registrierte Teilnehmende zusammen, wobei das hybride Format sowohl die Teilnahme vor Ort als auch online via Zoom möglich machte. In acht Sektionsblöcken mit jeweils bis zu drei parallelen Veranstaltungen wurden zentrale Fragen des Grundeinkommensdiskurses verhandelt – von partiellen Grundeinkommensansätzen über ökologische Perspektiven bis hin zu geschlechterspezifischen Aspekten. Die vier Keynotes der Tagung hielten Alexander Spermann (FOM Hochschule Köln), Jörg Althammer (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt), Bernhard Neumärker (FRIBIS) und Fabio Waltenberg (Universidade Federal Fluminense, Brasilien), die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit der Umsetzbarkeit und den Herausforderungen von Grundeinkommensmodellen befassten.

Die thematischen Schwerpunkte der Tagung

Die Tagung war in drei thematische Schwerpunkte gegliedert: Im ersten Themenbereich ging es um das BGE als soziale Grundsicherung und dessen Rolle im Wohlfahrtsstaat. Hier stand besonders das Verhältnis von Bedingungslosigkeit und gezielter Unterstützung vulnerabler Gruppen zur Diskussion. Der zweite Schwerpunkt widmete sich der Verbindung von Grundeinkommen und Nachhaltigkeit, wobei Ansätze wie Klimadividenden und CO2-Besteuerung im Mittelpunkt standen. Der dritte Themenblock gab internationalen Perspektiven Raum und untersuchte die Möglichkeiten supranationaler BGE-Modelle wie etwa einer europäischen Grundeinkommensdividende.

Die thematische Vielfalt der Tagung erwies sich als ebenso bereichernd wie anspruchsvoll, wie unter anderem Simon März berichtete, Mitglied des FRIBIS-Teams XUBI: „Für mich persönlich bestand eine der größten Herausforderungen darin, die Vielfalt der Themen und die dahinterliegenden Konzepte gut zu verarbeiten und einzusortieren. Dies erforderte meiner Wahrnehmung nach noch ein Quäntchen mehr an mentaler Arbeit als auf Konferenzen, die sich auf einen singulären Sachverhalt fokussieren.“ Die Bandbreite der Diskussionen hob auch Ulrich Schachtschneider hervor, Energieberater, freier Sozialwissenschaftler und Mitglied im FRIBIS-Team UBITrans. Positiv überraschte Schachtschneider die „Thematisierung von Narrativen“ durch Gudrun Kaufmann vom FRIBIS-Team care. Als intellektuell besonders anregend empfand er zudem die von Prof. Bernhard Neumärker aufgeworfene Diskussion zur „libertarian trap/authoritarian trap“ im Kontext verschiedener Freiheitskonzepte und deren Bedeutung für den Grundeinkommensdiskurs.

Kontroverse um partielle Grundeinkommensmodelle

Der erste Themenkomplex „BGE als soziale Grundsicherung und/odersocial protection floor“ widmete sich der kontroversen Debatte um partielle Grundeinkommensmodelle. Während Spermann in seiner Keynote für ein partielles BGE als realistische Option für Deutschland plädierte, verwies Althammer in seiner Keynote auf das grundsätzliche Spannungsverhältnis zwischen verschiedenen Zielsetzungen: Verteilungsgerechtigkeit, fiskalische Machbarkeit und ökonomische Effizienz ließen sich nicht gleichzeitig optimal erreichen. Auch eine andere Grundsatzdebatte erwies sich als echte Herausforderung, wie Verena Löffler, Mitglied des FRIBIS-Teams care, berichtet:

Die Argumentation, dass es aus aktivistischer Perspektive sinnvoll ist, ein Grundeinkommen unabhängig von der konkreten Höhe einzuführen, die zum Beispiel ein Existenzminimum sichern soll, ist auf viel Widerstand gestoßen. Diese Reibung innerhalb der Forschungsgemeinschaft (und auch unter den Aktivist:innen) diesbezüglich kann gewinnbringend, aber auch spaltend sein.

Verena Löffler

Verfassungsrechtliche Hürden im Fokus

Neben der grundsätzlichen Debatte um partielle versus vollständige Grundeinkommensmodelle wurden auch konkrete Umsetzungshürden thematisiert. Besonders herausfordernd gestaltete sich ein Workshop zu verfassungsrechtlichen Voraussetzungen der BGE-Einführung, wie Co-Moderator Otto Lüdemann, Prof. em. für Erziehungswissenschaften an der HAW Hamburg, berichtet:

Von dieser Thematik kann ich zwar sagen, dass sie mich persönlich in hohem Maße interessiert, teilweise sogar fasziniert, muss aber andrerseits zugeben, dass ich selber weder Jurist, noch gar Verfassungsrechtler bin. Insofern war es umso misslicher, dass ein zu dem Workshop eingeladener, ausgewiesener Experte, nämlich Dr. Maximilian Bauer, der Leiter der ARD-Rechtsredaktion beim SWR in Karlsruhe, leider verhindert war und absagen musste. Auch unter den interessierten Teilnehmenden fand sich niemand, der diese Lücke eventuell hätte schließen können. Jedenfalls verfügte weder ich, noch auch mein Co-Moderator, Herr Neumärker, über ausreichendes, diesbezügliches Expertenwissen, um insbesondere einem Teilnehmer Paroli zu bieten, der bestimmte in meinem Einleitungsbeitrag zitierte gutachterliche Aussagen von Autoren des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags aus dem Jahr 2016 in Zweifel zog. Konkret ging es um die These, wonach es derzeit an einem geeigneten, grundgesetzlichen ,Kompetenztitel‘ für die Einführung eines BGE mangelt, immerhin eine These mit potenziellen, weit-reichenden Konsequenzen. Für den Fall, dass sich eines Tages der politische Wille zur Einführung eines BGE abzeichnen sollte, könnte dieser Umstand ja in der Tat die Umsetzung eines solchen politischen Willens, wenn nicht dauerhaft, so zumindest doch auf Jahre blockieren.

Otto Lüdemann

Als konstruktiven Ausweg schlug Lüdemann vor, die verfassungsrechtliche Problematik in einem ARD-Podcast mit Experten und Vertretern des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zu vertiefen.

BGE und ökologische Transformation

Der zweite Themenschwerpunkt der Tagung bestand in der Frage, wie Grundeinkommen und ökologische Nachhaltigkeit zusammen gedacht werden können. Dabei wurden verschiedene Instrumente diskutiert, die sowohl soziale Sicherheit als auch ökologische Transformation unterstützen könnten – von Klimadividenden bis hin zu speziellen Grundeinkommensmodellen für den Naturschutz. Besonders beeindruckt zeigte sich Simon März von der Arbeit des FRIBIS-Teams BINC:

Deren Ansatz, durch Grundeinkommenszahlungen der ökologischen Degradation systematisch entgegenzuwirken, fand ich vielversprechend. Interessant an der Arbeit des FRIBIS-Teams erschien mir vor allem auch, dass es dieses Konzept an verschiedenen Orten wie Indonesien, Kambodscha und Indien erforscht. Somit wird es in verschiedensten Kontexten untersucht und ich bin gespannt, was die Forschungsprojekte des Teams für Ergebnisse liefern werden.

Simon März

Internationale Perspektiven und globale Implementierungen eines BGE

Die internationale Dimension der Grundeinkommensforschung, die sich exemplarisch am BINC-Projekt zeigt, stand im Mittelpunkt des dritten Themenschwerpunkts der Tagung. Einen besonderen Einblick bot hier Fabio Waltenberg in seiner Keynote zum „Citizens Basic Income“ in der brasilianischen Stadt Maricá. In dieser Stadt mit rund 200.000 Einwohner:innen erhalten fast 50% der Bevölkerung eine Form des bedingungslosen Grundeinkommens, das in einer lokalen Währung („mumbuca“) ausgezahlt wird. Auch andere internationale Implementierungen des Grundeinkommens standen im Fokus: Verena Löffler hob besonders die Panel-Diskussion zur Grundeinkommensstudie in Indien hervor, die sie fasziniert habe:

Die Forscher:innen waren mehrere Monate vor Ort und der Aufbau des Experiments lässt auf spannende Ergebnisse hoffen. Die qualitative Herangehensweise der Forscher:innen aus Großbritannien halte ich in diesem Zusammenhang für besonders vielversprechend.

Verena Löffler

Fazit

Die diesjährige FRIBIS-Jahrestagung erwies sich einmal mehr als produktives Forum des Austauschs zwischen Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Die Teilnehmenden hoben besonders die Vielfalt der diskutierten Konzepte und Ideen hervor, von denen alle Beteiligten profitieren konnten. Der kollegiale Charakter der Veranstaltung, die von Ulrich Schachtschneider nicht umsonst als „Familientreffen“ bezeichnet wurde, tat der inhaltlichen Tiefe keinen Abbruch. Besonders positiv wurde allgemein die Verbindung verschiedener Perspektiven aufgenommen, etwa die Verknüpfung von Care-Arbeit und Gender-Aspekten mit der Grundeinkommensdebatte oder die Diskussion ökologischer Transformationspotenziale. Die aufgeworfenen Fragen – von der Kontroverse um partielle Grundeinkommen über verfassungsrechtliche Hürden bis hin zur Verbindung von sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit – werden den Grundeinkommendiskurs auch weiterhin prägen.

Zu guter Letzt sei der Sin Carne Schwarzwald GmbH für ihr ausgezeichnetes veganes Catering sowie Elza Loginova für ihre professionelle fotografische Dokumentation der Tagung besonderer Dank ausgesprochen.

Workshop an der FH Dortmund am 24. Januar 2025: “Bedingungsloses Grundeinkommen und Soziale Infrastruktur”

Jetzt erst recht: Der Streit um den Haushaltsentwurf der Bundesregierung, Verpflichtungen durch akute Krisen wie den Ukraine-Krieg, Wirtschaftsflaute und drohende Umsatzeinbußen durch den Ausgang der US-Wahl lassen scheinbar keinen Spielraum für sozialpolitische Forderungen oder gar visionäre Höhenflüge. Aber gerade diese Krisen verweisen auf die Sackgassen, in die eine Sparpolitik führt: nicht zuletzt der Rechtsruck in Teilen des Landes zeugt von den Folgen starker Verunsicherung und existenzieller Sorgen. Vor diesem Hintergrund sind offene Diskussionen und ein beherztes Nachdenken über Zukunftsalternativen umso dringlicher. Dieses Vorhaben setzt sich der Sozialpolitische Fachtag in Dortmund als Agenda und Ziel:

Der Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften der FH Dortmund organisiert in Zusammenarbeit mit dem Freiburg Institute for Basic Income Studies (FRIBIS), dem Netzwerk Grundeinkommen Deutschland und BIEN Austria einen Workshop zum Thema “Bedingungsloses Grundeinkommen und Soziale Infrastruktur?! Anschlussstellen und Widersprüche auf dem Weg in eine nachhaltige Gesellschaft”.

Thema: Die einen haben eine finanzielle bedingungslose Absicherung für alle im Blick, als Grundlage der Existenz- und Teilhabesicherung, Freiheit zu Selbstbestimmung und Wahrnehmung von Care-Tätigkeiten; die anderen fokussieren auf die Teilhabe an Bildung, Gesundheit, Verkehr, Wohnen, Energie und politischen Entscheidungen. Zwei Ansätze: Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE/UBI) und Soziale Infrastruktur/Dienstleistungen (SI/UBS) – zwei Wege, gleiche Ziele? Widersprechen oder ergänzen sie sich? Führen beide Wege in eine nachhaltige, zukunftsfähige Gesellschaft? Was wäre unter einer solchen Gesellschaft zu verstehen? Und wie ließe sich eine derartige Transformation in Gang setzen?

Ziel: Der Workshop will in beide Ideen einführen und ihre Stärken, Schwächen, Anschlussstellen, Unvereinbarkeiten und Umsetzungswege diskutieren. Dazu werden beide Ansätze zunächst auf wissenschaftlicher Ebene dargestellt, kontrovers beleuchtet und zu verwandten Debatten in Bezug gesetzt (De-Growth, Alltagsökonomie). Im nächsten Schritt werden zwei populäre politische Initiativen vorgestellt (Öffentlicher Luxus, Care Revolution) und vor dem Hintergrund der jeweiligen Theorien betrachtet. Schließlich wird anhand der Lebenslage und Interessen von wohnungs- und obdachlosen Menschen exemplarisch die Praxistauglichkeit der Ansätze geprüft. Der Ortswechsel von der Hochschule in die (Nord-)Stadt steht auch für einen Perspektivenwechsel: Wie könnte eine Transformation der Gesellschaft in Anbetracht der Ansätze und Ideen gelingen? Wie sehen es die Akteure selbst?

Veranstalter: Der Workshop wird von der FH Dortmund in Partnerschaft mit FRIBIS, dem Netzwerk Grundeinkommen Deutschland und BIEN Austria veranstaltet. Zu den seitens des FRIBIS maßgeblich beteiligten Personen gehören Margit Appel, Roland Blaschke, Ute Fischer und Gudrun Kaufmann vom FRIBIS-Team care.

Zielgruppe: Die Veranstaltung richtet sich an Studierende im Masterbereich, Fachkolleg*innen mit einem Schwerpunkt auf Wohnungslosigkeit, weitere Gäste und Kooperationspartner sowie an die breite Stadtgesellschaft und zivilgesellschaftliche Initiativen.

Die Veranstaltung findet in den Räumlichkeiten der FH Dortmund statt, mit einem Abstecher in die Nordstadt, um einen Perspektivenwechsel und den Dialog zwischen der Hochschule und der Stadtgesellschaft zu fördern.

 

FRIBIS auf dem BIEN-Kongress 2024: Ein Rückblick

Der diesjährige BIEN-Kongress fand vom 29. bis 31. August an der University of Bath (Großbritannien) statt. Die Veranstaltung mit dem Titel „Reclaiming radical roots: Basic income and Socio-Ecological Transformation“ widmete sich dem Potenzial des Grundeinkommens, eine ökonomisch gerechte, politisch inklusive und ökologisch nachhaltige Welt zu schaffen. Unter den Teilnehmenden aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik waren auch Mitglieder verschiedener FRIBIS-Teams.

In den folgenden Berichten teilen die FRIBIS-Mitglieder ihre Eindrücke vom Kongress. Dabei zeigt sich die Bandbreite der diskutierten Themen: vom Grundeinkommen als Exit-Option aus prekären Verhältnissen über Genderperspektiven in der Grundeinkommensforschung, der Rolle des Grundeinkommens in der sozial-ökologischen Transformation, bis hin zu innovativen methodischen Ansätzen wie der narrativen Ökonomik. Auch die Bedeutung lokaler Grundeinkommensinitiativen wurde thematisiert. Wie die FRIBIS-Mitglieder den Kongress erlebt haben, welche neuen Erkenntnisse sie gewonnen haben und inwiefern sie der persönliche Austausch sowie die Vernetzung innerhalb der internationalen Forschungsgemeinschaft vorangebracht hat, erfahren Sie im weiteren Text.

Clem Davies und Carlota De Novales, FRIBIS-Team UBI & Gender: “Voice and Representation in Basic Income Research”

Carlota De Novales stellte ihre Studie Voice and Representation in Basic Income Research vor, die sie gemeinsam mit Clem Davies verfasst hat. Die Untersuchung befasste sich mit geschlechtsspezifischen Ungleichheiten in Beiträgen zur Grundeinkommensforschung, wobei der Fokus besonders auf der Fachzeitschrift Basic Income Studies lag. Analysiert wurden sowohl die Geschlechterverteilung der Autor:innen als auch der Umfang, in dem Genderthemen in der publizierten Literatur behandelt werden. Die Ergebnisse zeigten, dass Frauen nur etwa 25% der beitragenden Autor:innen ausmachten und dass sich weniger als 10% der veröffentlichten Artikel substantiell mit genderbezogenen Themen auseinandersetzten. Zudem wurde festgestellt, dass die Forschung zu Genderfragen überwiegend von Frauen durchgeführt wurde. Die anschließende Diskussion verlief konstruktiv, wobei die Teilnehmenden weitere Forschungsansätze und Publikationsmöglichkeiten zu diesem Thema anregten.

Jessica Schulz, FRIBIS-Team UBI & Gender: „Equalizing Educational Opportunities: Basic Income, Scarcity Mindset and Students’ Academic Paths”

Beim diesjährigen BIEN Kongress in Bath hatte ich die Gelegenheit, auf vielfältige Weise aktiv mitzuwirken. In meinem Vortrag „Equalizing Educational Opportunities: Basic Income, Scarcity Mindset and Students’ Academic Paths“ stellte ich die qualitative Auswertung meiner Fragebogenstudie zum Thema Bedingungslosen Grundeinkommen und Knappheitsmentalität vor. Das Panel „Transformative Effects of Basic Income” im „Stream Social Policy“ wurde von Philipe van Parijs geleitet. Die Präsentation vor einem internationalen Publikum war eine wertvolle Übung, meine Forschung klar zu kommunizieren und auf die anregenden Fragen des Publikums sowie des Moderators souverän zu reagieren. Die Diskussion im Anschluss hat mir zahlreiche Impulse für das Paper gegeben, welches ich in diesem Herbst schreiben werde.

Zudem war ich als Koordinatorin des FRIBIS Gender Teams maßgeblich an der Organisation eines Round-Tables mit dem Titel „Exploring Gender Balance and Perspectives in Basic Income Research“ beteiligt, welches ich beim Kongress auch moderiert habe. Speaker*innen waren Almaz Zelleke (Professorin an der NYU Shanghai und Mitglied des Gender Teams), Fabio Waltenberg (Professor an der Universidade Federal Fluminense in Niterói und Editor des Journals Basic Income Studies) und Carlota De Novales Coronel (Erasmus-Studentin und Mitglied des Gender-Teams). Besonders erfreulich war die rege Beteiligung des Publikums an der Diskussion über die Geschlechterverteilung in der Grundeinkommensforschung. Die Vielzahl an Fragen und Beiträgen zeigte das große Interesse am Thema.

Der Kongress war für mich eine sehr bereichernde Erfahrung, da ich sowohl in der Rolle der Vortragenden als auch der der Moderatorin wirken konnte. Beide Formate erfordern unterschiedliche Herangehensweisen in der Gesprächsführung und Präsenz, und ich bin dankbar für die Möglichkeit, mich in beiden zu erproben. Das positive Feedback, das ich erhalten habe, hat mich zusätzlich motiviert. Besonders schätzte ich das Gefühl der Vernetzung, das durch meine Arbeit am FRIBIS und besonders im FRIBIS Gender Team entstanden ist. Viele der Kongressteilnehmer*innen kannte ich bereits von früheren Veranstaltungen. Zudem hatte ich die Möglichkeit, Teil des neu gegründeten BIEN PhD Networks zu werden, das sich im Rahmen des Kongresses erstmals getroffen hat. Insgesamt war der Kongress für mich eine positive, lehrreiche Erfahrung, sowohl in fachlicher als auch in persönlicher Hinsicht.

Vortrag: “Equalizing Educational Opportunities: Basic Income, Scarcity Mindset and Students’ Academic Paths”

Ein weiteres Highlight: BIEN hat eine Folie aus meinem Vortrag aufgegriffen für den Social-Media-Kanal des Kongresses

Round-Table: “Exploring Gender Balance and Perspectives in Basic Income Research”. Von links: Jessica Schulz, Carlota De Novales Coronel, Almaz Zelleke, Fabio Waltenberg

Konferenz-Dinner, von links: Carlota De Novales Coronel, Almaz Zelleke, Jessica Schulz, Fabienne Hansen

Gudrun Kaufmann, FRIBIS-Team care: „Narratives of Change – Basic Income through the Lens of Narrative Scenario Analyses & Conviction Narrative Theory”

Als ich erfuhr, dass der diesjährige BIEN-Kongress in England stattfinden würde, hatte ich den Wunsch, diesmal vor Ort zu sein. Es ging mir nicht nur darum, einen Teil meiner aktuellen Forschung vorzustellen, sondern auch darum, die internationale Forschungsgemeinschaft zum Grundeinkommen ,hautnah’ zu erleben und einige Bekannte und Freund*innen wiederzusehen. Die besondere Situation am FRIBIS wurde mir dabei noch einmal deutlich: Ich hatte in den letzten Jahren sehr viele Akteur*innen der Grundeinkommensforschung in Freiburg kennengelernt und hatte nun die Gelegenheit, viele von ihnen in England wieder zu treffen.

Der Titel meines Vortrags war „Narratives of Change – Basic Income through the Lens of Narrative Scenario Analyses & Conviction Narrative Theory”. In meinem Vortrag habe ich meine theoretische Perspektive der ,narrativen Ökonomik’ sowie verschiedene Ansätze zu ,Narratives of Change’ am Beispiel von Grundeinkommensstudien vorgestellt, um so das Potenzial narrativistischer Methoden für die weitere Grundeinkommensforschung aufzuzeigen. Es gab interessierte Nachfragen im direkten Anschluss und auch im Nachgang noch Austausch mit anderen Wissenschaftler*innen. Das positive Feedback hat mich in meinem Forschungsansatz bestärkt und einen weiteren Motivationsschub ausgelöst. Ich bin dankbar, dass ich dieses Jahr die Möglichkeit hatte, am BIEN Kongress teilzunehmen.

Es ist meine zweite Teilnahme an einem solchen BIEN-Kongress, aber die erste, bei der ich persönlich vor Ort sein konnte. England konnte ich klimafreundlich mit dem Zug erreichen. Im Vorfeld hatte ich mich dem lokalen Organisationskomitee als freiwillige Helferin angeboten. So war ich schnell in ein hochmotiviertes Team eingebunden und konnte zum Gelingen des Kongresses beitragen. Neben dem fachlichen Austausch bietet ein solcher Kongress natürlich auch gute Möglichkeiten zum Netzwerken und ich bin gespannt, wie sich einige Projekte weiterentwickeln werden.

Tobias Jäger, FRIBIS-Team Basic Income for Peacebuilding: „Basic Income And Exit As A Social Good“

Bei der diesjährigen Konferenz in Bath hatte ich das Vergnügen, den Stand einer gemeinsamen Arbeit von Jurgen De Wispelaere und mir mit dem Titel „Basic Income And Exit As A Social Good“ vorzustellen. Die Präsentation fand am ersten Tag im Panel „Labour and Exit“ statt. Ich habe den Vortrag alleine gehalten, da Jurgen De Wispelaere zur gleichen Zeit einen anderen Vortrag hatte. Das Panel war gut besucht und wurde meines Wissens auch aufgezeichnet. Ziel dieses Vortrags war es, erstmals Feedback zu der Idee Exit als „social good“ zu erhalten. Im Anschluss an den ca. 20-minütigen Vortrag gab es eine längere Fragerunde. Dabei wurde zum einen die Annahme eines negativen Zusammenhangs zwischen dem Wert der Exit-Option und ihrer Nutzung hinterfragt. Dieses Feedback war sehr hilfreich, da klar wurde, was später noch stärker begründet werden muss. Prof. Almaz Zelleke regte an, das Modell detaillierter zu gestalten, so dass auch Genderfragen beleuchtet werden können. Für mich persönlich war der Vortrag eine gute Gelegenheit, meine Fähigkeiten als Vortragender zu verbessern. Es hat mir auch geholfen, die aktuellen Debatten zu diesem Thema besser zu verstehen und mich daran zu beteiligen. Das Feedback war sehr positiv und ermutigend weiter daran zu arbeiten. Schließlich wurde unser Papier auch eingeladen Teil eines Special Issue zu werden. Hier bleibt aber abzuwarten, was tatsächlich dabei herauskommt.

Generell zu Labour und Exit gab es während der gesamten Konferenz immer wieder interessante Veranstaltungen. So zum Beispiel „Rethinking Rawls On Employment And A Universal Basic Income“ von Larry Udell oder „Rawlsian Arguments For And Against Basic Income And Job Guarantees“ von Michael Howard, aber auch „Between Charity And Entitlement: Unconditional Basic Income As A Gift von Catarina Neves“. Alle drei Vorträge waren sehr interessant, auch aus einer sozialvertraglichen Perspektive.

Enttäuschend war für mich als Koordinator von Basic Income for Peacebuilding, dass sich die Debatten dort leider nicht substantiell weiterentwickelt haben. So habe ich ein Panel zu diesem Thema als nicht tiefgreifend empfunden. Selbstkritisch muss ich hier hinzufügen, dass eine stärkere Rolle als FRIBIS-Koordinator angebracht gewesen wäre.

Mein persönliches Fazit der Konferenz ist sehr positiv. Ich konnte meine Fähigkeiten weiterentwickeln, hatte die Möglichkeit mich mit anderen Forschern zu vernetzen und habe positive und hilfreiche Rückmeldungen zu meiner eigenen Arbeit erhalten.

Fabienne Hansen: „The Making Of Moeda Social Arariboia: Mapping A Network Of Concepts Through Federal And Local Exchange In Brazilian Municipal Social Policies“

Der 23. Kongress in Bath war für mich mit vielfältigen Eindrücken verbunden. So habe ich an verschiedenen Beiträgen und Initiativen mitwirken können, wobei insbesondere die Gründung des UBI Early Career Networks für mich hervorsticht. Das große Interesse an dieser Initiative hat mich positiv überrascht und sehr gefreut. Ich erhoffe mir, dass das Netzwerk in Zukunft das akademische Miteinander für aufstrebende UBI Forscher*innen nachhaltig beeinflussen kann.

Zudem habe ich mich an zwei Panels mit Beiträgen beteiligt. So war ich Teil eines Roundtables zu „The Municipal Path to Basic Income: What Can We Learn from the Maricá Model?“, dem insgesamt großes Interesse entgegengebracht wurde. Das Panel hat es sogar in die Lokalnachrichten von Maricá geschafft, ein weiteres Highlight für mich. Des Weiteren habe ich im Zuge eines Panels zu Maricá Ausschnitte aus meiner eigenen Forschung zur Moeda Social Arariboia vorstellen können. Auch hier war das Publikum interessiert und das Feedback nützlich. Insbesondere die Gespräche im Anschluss an das Panel haben mir gezeigt, dass das Thema auf große Resonanz stößt und viele der mehr informellen Gespräche im Anschluss haben mir vertiefend gezeigt, dass Austausch mit der UBI Community keine verlorene Zeit ist.

Insgesamt habe ich die Atmosphäre beim Kongress als bereichernd und aufgeschlossen empfunden. In vielerlei Hinsicht war der produktive Austausch mit anderen Personen, die sich mit UBI beschäftigen für mich eine gute Erfahrung, die nachhaltige Eindrücke für zukünftige Projekte und Kooperationsmöglichkeiten gegeben hat.

Roundtable-Beitrag, Teilnehmende (von links nach rechts): Fábio Waltenberg, Adalton Mendonça, Marc Doussard, Bru Laín, Fabienne Hansen, Leandro Ferreira

Nach dem Maricá Panel (von links nach rechts): Leandro Ferreira, Eduardo Suplicy, Adalton Mendonça, Fabienne Hansen, Fábio Waltenberg, Marc Doussard

Dominik Schröder und Bianca Blum, FRIBIS-Team UBITrans: “Climate Justice In The Eco-Social State: The Role Of The Basic Income In Commons Regulation”

In unserer Präsentation auf dem BIEN-Kongress stellten wir die Rolle des bedingungslosen Grundeinkommens innerhalb eines Ökosozialstaats vor. Der Schwerpunkt lag dabei vor allem darauf, wie mithilfe eines BGE eine klimagerechte Allmenderegulierung erreicht werden kann. Basierend auf der sogenannten „Tragik der Allmende“ wurde aufgezeigt, wie gemeinschaftliche Ressourcen, etwa die Erdatmosphäre als CO2-Speicher oft übernutzt werden, wenn keine Anreize für deren nachhaltige Nutzung bestehen. Wir argumentierten, dass ein Ökosozialstaat, der das Ziel verfolgt, ökologische und soziale Nachhaltigkeit miteinander in Einklang zu bringen, nicht nur die Übernutzung des Allgemeinguts verhindern, sondern dabei auch eine faire Verteilung der daraus entstehenden Kosten und Nutzen sicherstellen muss. Während eine CO2-Bepreisung das Problem der Übernutzung adressieren könnte, belastet die regressive Wirkung eines solchen CO2-Preises insbesondere ärmere Haushalte, die durch höhere Energiepreise stärker belastet werden. Ein BGE könnte diesem Effekt entgegenwirken und lässt sich normativ aus dem Prinzip der Klimagerechtigkeit herleiten, dass wir in seiner einfachsten Form als gleiches Recht auf natürliche Ressourcen definieren. Die Einnahmen aus der Besteuerung natürlicher Ressourcen sollten daher pro Kopf in gleichen Anteilen zurückgezahlt werden, zum Beispiel in Form eines Bedingungslosen Grundeinkommens.

Ein Grundeinkommen als Rückzahlungsmechanismus für die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung fördert die Idee, dass alle Menschen das Recht auf eine faire Teilhabe an den gemeinschaftlichen Gütern wie der Atmosphäre haben. Es sorgt zudem dafür, dass die Mehrheit der Bevölkerung durch eine solche Reform netto bessergestellt wäre, was breite politische Zustimmung für höhere CO2-Preise und damit eine effektivere Reduzierung von CO2-Emissionen sicherstellen könnte. Dies könnte ein zentraler Vorteil eines Grundeinkommens im Kontext einer sozial-ökologischen Transformation sein, der innerhalb der Ökosozialstaatsliteratur bislang wenig diskutiert wird.

Vom Kongress haben wir viele hilfreiche Anmerkungen, Perspektiven und Ideen zu unserem Forschungsprojekt mitnehmen können. Besonders die Diskussion im Anschluss an die Präsentation sowie die Vorträge der anderen Panelteilnehmenden hat uns geholfen, unser Konzept konstruktiv zu hinterfragen und zu erweitern. Wir sehen uns nach der Kongressteilnahme darin bestärkt, dass der Diskurs über die Rolle des Bedingungslosen Grundeinkommens für die sozial-ökologische Transformation noch viel Entwicklungspotential hat und die Verbindung zwischen sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Larissa Walter: “How Can Cognitive Psychology Contribute to the Discourse on Basic Income? Integrating Basic Income and Cognitive Control Research through Laboratory Methodology”

Mit meinem Beitrag auf der BIEN-Konferenz habe ich eine Möglichkeit vorgestellt, wie mit Hilfe von Laborexperimenten eine Brücke zwischen der Forschung zu kognitiver Kontrolle und der Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen geschlagen werden kann. Nach einer kurzen Einführung in die aktuelle Forschungslandschaft zum BGE und den Einsatz von Laborexperimenten stellte ich meine eigene Forschung als konkretes Beispiel vor und betonte dabei insbesondere die Relevanz der Forschung zu kognitiven Kontrollprozessen. Dabei erläuterte ich nach einer kurzen Begriffsklärung zunächst die relevanten Parameter eines kognitionspsychologischen Laborexperiments und stellte anschließend die Ergebnisse meines systematischen Reviews vor.

Es wurde deutlich, dass das Publikum besonders an der Relevanz und praktischen Umsetzbarkeit meiner Forschung für den Alltag interessiert war, z.B. wie Erkenntnisse aus der Kognitionsforschung im Kontext des BGE-Diskurses genutzt werden können oder wie kognitive Effekte durch die Einführung eines BGE nachgewiesen werden könnten. Großes Interesse bestand auch daran, wie solche Erkenntnisse in bestehende Modellprojekte einfließen könnten. In Zukunft möchte ich daher verstärkt auf konkrete Anwendungsbeispiele eingehen, um zu verdeutlichen, wie die Verknüpfung von Kognitionsforschung und BGE-Diskurs in der Praxis aussehen könnte.

Auf der Konferenz hatte ich neben den Vorträgen viele informelle Gespräche, in denen ich meine Forschungsschwerpunkte diskutieren konnte. Diese Gespräche waren spannend und zeigten, dass großes Interesse an meinem Thema besteht. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass einige kognitionspsychologische Konzepte und methodische Ansätze noch weiterer Erläuterung bedürfen. Als besonders bereichernd habe ich den Austausch mit den anderen Teilnehmern empfunden. Ihre Themen eröffneten mir neue Perspektiven und halfen mir, meine eigene Forschung aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Zudem konnte ich in einigen Fällen praktische Hinweise aus meiner Expertise einbringen, was den Dialog noch wertvoller machte.

 

Ringvorlesung zum Grundeinkommen an der Uni Wien im WS 2024/25 & Erweiterung des Care-Teams um Margit Appel

An der Universität Wien findet im Wintersemester 2024/25 eine Ringvorlesung zum Thema „Bedingungsloses Grundeinkommen – Baustein für gesellschaftliche Transformation und Politikgestaltung“ statt. Die von Prof. Dr. Barbara Prainsack geleitete Vorlesungsreihe wird in Zusammenarbeit mit dem “Netzwerk Grundeinkommen und Sozialer Zusammenhalt – BIEN Austria” organisiert.

Gegründet wurde das “Netzwerk Grundeinkommen und Sozialer Zusammenhalt – BIEN Austria” unter anderem von Margit Appel, die das FRIBIS-Team “care” zukünftig als Mitglied des Tranfer Teams unterstützen wird. Mit Appel gewinnt das Team eine ausgewiesene Expertin für feministische Perspektiven auf das Grundeinkommen. Ihre Beweggründe für den Beitritt zum Care-Team erläutert sie wie folgt:

Ich beschäftige mich schon wirklich lange mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen aus einer feministischen Perspektive. In der Grundeinkommensbewegung selbst wird die Frage nach der Verteilung der unbezahlten Arbeit unter den Verhältnissen jetzt unzureichend thematisiert. Ebenso fehlen systematische Überlegungen zur möglichen Wirkung eines BGE auf die Verteilung schlecht- und unbezahlter Care-Arbeit. Ich habe dazu gemeinsam mit Barbara Prainsack ein Buch geschrieben, das Anfang 2024 erschienen ist. Bei der FRIBIS-Jahrestagung 2023, bei der ich eingeladen war, Thesen aus dem Buch vorzustellen, konnte ich das Care-Team kennenlernen. Die Einladung mitzuarbeiten, habe ich sofort und gerne angenommen, weil ich damit ,einen Ort‘ gefunden habe, an dem die Fragen diskutiert werden, die mir wichtig sind.

Wir haben Margit Appel außerdem gefragt, was sie sich von ihrer Team-Mitgliedschaft erhofft:

Da ich schon bei einigen Treffen dabei sein durfte, muss ich mich nicht mehr nur auf’s Hoffen beziehen. Ich habe schon erfahren, dass in einer sehr unhierarchischen, offenen Weise daran gearbeitet wird, Beiträge zu den Besonderheiten und Herausforderungen des Care-Themas leisten zu können und in differenzierter Weise über den Impact des BGE zu reflektieren. Weiterbringende Einsichten gab es bislang bei jedem Gespräch und darauf hoffe ich, dass das auch in Zukunft so bleibt.

Zur BGE-Ringvorlesung, die im Wintersemester 2024/25 an der Universität Wien stattfindet, erklärt Appel

Mit den zwölf Vorlesungseinheiten soll aus möglichst vielen Themenfeldern heraus der Frage nachgegangen werden, ob und in welcher Weise das BGE Baustein für gesellschaftliche Transformation und Politikgestaltung sein kann. Die ersten Vorlesungen widmeten sich den Baufehlern und Wirkungen des österreichischen Sozialstaates, dem Einfluss künstlicher Intelligenz auf den Arbeitsmarkt und dem Zusammenhang von Arbeit, Care und BGE. Bei dieser letzten Einheit haben Ute Fischer und Verena Löffler vom FRIBIS-Care-Team Beiträge geleistet. Es folgt die Auseinandersetzung mit dem Zusammenspiel von BGE und öffentlichen Infrastrukturen, der Position der Gewerkschaften zum BGE, die Frage der Finanzierung als Unterscheidung zwischen emanzipatorischen und neoliberalen BGE und damit Politikvorstellungen (ein Vortrag kommt von Ronald Blaschke, Mitglied des Care-Teams). Zwei ,Experimente‘ werden miteinander verglichen: ein BGE-Projekt in Heidenreichstein und ein Jobgarantie-Projekt in Marienthal, beides niederösterreichische Gemeinden. Die ökologische Vielfachkrise ist Thema eines Podiums mit u. a. VertreterInnen von Friday for Future und System Change not Climate Change. Dementsprechend wird in einer weiteren Vorlesung die Frage gestellt, ob der österreichische Klimabonus so etwas wie ein Einstiegsprojekt in das BGE sein könnte. Ein Online-Podium mit Beiträgen aus Katalonien, Irland und der UBI-European Initiative und eine Vorlesung über Narrative Ökonomie – mit einem weiteren Mitglied des Care-Teams, Gudrun Kaufmann – beschließen den Bogen.

Die Ringvorlesung findet jeweils mittwochs von 18:30 bis 20:00 Uhr im HS III NIG der Universität Wien statt. Detaillierte Informationen zum Programm finden Sie hier.

FRIBIS-Team “Basisgeld”: Präsentation des Basisgeld-Konzepts im Bundestag und Klimaprämien-Vorschlag

Zwei Mitglieder des FRIBIS-Teams “Basisgeld” haben sich vor Kurzem öffentlichkeitswirksam in die Debatte um direkte Transferzahlungen eingebracht: Am 17. Oktober 2024 erläuterte Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Bundestagsabgeordneter und FRIBIS Basisgeld-Teammitglied, das von Teamleiter Prof. Alexander Spermann entwickelte Basisgeld-Konzept im deutschen Bundestag:

Darüber hinaus stellt Dr. Stefan Bach, wissenschaftlicher Mitarbeiter des DIW Berlin und Basisgeld-Teammitglied, in einem aktuellen Audio-Interview Vorschläge zur Umsetzung einer Pro-Kopf-Klimaprämie vor, die auch im DIW-Wochenbericht nachzulesen sind. Bach schlägt eine jährliche Klimaprämie von 124 Euro vor, die ab 2026 unbürokratisch über die Steuer-ID ausgezahlt werden könnte. Ein besonderes Merkmal seines Konzepts: Die Prämie soll bei höheren Einkommen über das Steuersystem wieder abgeschmolzen werden, wodurch zusätzliche Mittel für die gezielte Unterstützung einkommensschwacher Haushalte zur Verfügung stünden.

Dr. Stefan Bach

FRIBIS-Team XUBI berichtet: Wichtiger Etappensieg für “Hamburg testet Grundeinkommen”

Die Initiative “Hamburg testet Grundeinkommen” hat einen bedeutenden Meilenstein erreicht: Am 1. Oktober 2024 wurden 95.842 Unterschriften beim Hamburger Senat eingereicht – deutlich mehr als die erforderliche Anzahl (65.000 Unterschriften) für den ersten staatlich finanzierten Grundeinkommens-Modellversuch in Deutschland.

Wissenschaftlich begleiteter Modellversuch geplant

Der geplante dreijährige Modellversuch sieht vor, 2.000 Menschen in Hamburg ein Grundeinkommen zu gewähren. Die Teilnehmenden sollen aus repräsentativ ausgewählten Straßenzügen stammen, um die Gesamtbevölkerung möglichst gut abzubilden. Im Fokus der wissenschaftlichen Begleitung stehen die Auswirkungen auf Arbeit, soziale Beziehungen und Familienleben.

Nächste Schritte zur Umsetzung

Nach der sechswöchigen Prüfungsfrist durch die Wahlleitung könnte parallel zur Bundestagswahl am 25. September 2025 ein Volksentscheid stattfinden. Dies entspricht dem Wunsch der Bevölkerung: Eine DIW-Studie von 2019 zeigt, dass etwa 70 Prozent der Menschen in Deutschland Grundeinkommens-Pilotprojekte befürworten.

FRIBIS als wissenschaftlicher Partner

Das FRIBIS unterstützt die Expedition Grundeinkommen mit seinem Team XUBI, das sich speziell der wissenschaftlichen Begleitung von Grundeinkommens-Modellversuchen widmet. Das interdisziplinäre Team berät bei Finanzierungsfragen, der methodischen Gestaltung der Studie sowie der systematischen Erhebung und Auswertung der Forschungsdaten. Durch die Vernetzung mit internationalen Expert:innen aus Sozialwissenschaft, Ökonomie und weiteren relevanten Disziplinen stellt FRIBIS sicher, dass der Hamburger Modellversuch nach höchsten wissenschaftlichen Standards durchgeführt und evaluiert wird.

Neubesetzungen im XUBI-Team

Im XUBI-Team gab es zum Jahresbeginn 2024 wichtige personelle Veränderungen: Dr. Lisa Reuter, die bisherige Team-Koordinatorin, hat das Team verlassen. Verstärkt wird die wissenschaftliche Arbeit nun durch drei renommierte Forschende, die bereits seit 2023 in die wissenschaftlichen Aktivitäten des Teams eingebunden waren: Prof. Dr. Hanna Schwander, Inhaberin des Lehrstuhls für Politische Soziologie und Sozialpolitik an der HU Berlin, Prof. Dr. Swen Hutter, Direktor des Zentrums für Zivilgesellschaftsforschung und Lichtenberg-Professor für Politische Soziologie an der FU Berlin, sowie Dr. Bastian Becker, der als Interim Chair für Vergleichende Politikwissenschaft an der HU Berlin tätig ist.

Aktueller TV-Beitrag des NDR zur Hamburger Grundeinkommensinitiative (02.10.24)

Neuerscheinung des FRIBIS: „Care & Gender – Potentials & Risks of Universal Basic Income (UBI)“

Das FRIBIS hat den fünften Band seiner Schriftenreihe veröffentlicht. Unter dem Titel Care & Gender – Potentials & Risks of Universal Basic Income (UBI) versammelt der von Bernhard Neumärker und Jessica Schulz herausgegebene Band ausgewählte Beiträge der FRIBIS-Jahrestagung 2023.

Abstract:

Die dritte Jahrestagung des FRIBIS im Oktober 2023 konzentrierte sich auf zwei Themen, die in der Grundeinkommensdebatte bislang unterrepräsentiert waren: Care (Sorgearbeit) und Gender. Die Wahl dieser Schwerpunkte unterstreicht die Notwendigkeit, das Grundeinkommen aus einer intersektionalen feministischen Perspektive zu betrachten, insbesondere im Hinblick auf Sorgearbeit, Care-Ökonomie und geschlechtsspezifische Arbeitsteilung. Die Jahrestagung wurde von den beiden internationalen FRIBIS-Teams care und UBI and Gender organisiert. Parallele Sitzungen anderer FRIBIS-Teams und -Mitglieder sowie externer Forschender und Vertreter:innnen verschiedener Disziplinen und Fachgebiete vervollständigten das Programm. Eine Auswahl der Beiträge finden Sie im vorliegenden Band.

Der Band Care & Gender – Potentials & Risks of Universal Basic Income (UBI) ist ab sofort beim LIT Verlag sowohl als gedruckte Ausgabe als auch als E-Book erhältlich.

Jetzt registrieren für Winter School an der Universität Bath: Grundeinkommen im Globalen Süden (4.-6. November 2024)

UBI Bath und die Universität Bath (Großbritannien) veranstalten in Zusammenarbeit mit FRIBIS und der Universität Freiburg vom 4. bis 6. November 2024 eine Winter School zum Thema “Basic Income in the Context(s) of the Global South: Ideas, Challenges, and Debates”.
 
Die Winter School bietet Einblicke in Grundeinkommens-Projekte im Globalen Süden. Teilnehmende lernen die besonderen Umstände, Schwierigkeiten und Resultate von Pilotprojekten und Experimenten in diesen Ländern kennen. Auch ähnliche politische Ansätze und Initiativen werden vorgestellt. Ein Schwerpunkt liegt auf den politischen und ethischen Fragen, die in den Debatten um das Grundeinkommen in diesen Regionen aufkommen. Dabei geht es unter anderem um soziale Rechte, Gerechtigkeit und die Frage, wie stark der Staat eingreifen sollte.
 
Anhand verschiedener Fallstudien soll ein kritisches Verständnis für das Potenzial und die Grenzen des Grundeinkommens als Instrument für soziale und wirtschaftliche Transformation in sogenannten “Entwicklungsländern” geschaffen werden. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Zusammenspiel von bedingten Geldtransfers und Grundeinkommensideen gewidmet, das seit den frühen 2000er Jahren zu beobachten ist.

BIEN präsentiert das neue Projekt UBIdata: “Data for Basic Income Research and Policy”

Auf dem jüngsten BIEN-Kongress, der vom 29. bis 31. August an der Universität Bath stattfand, wurde mit dem Projekt UBIdata ein innovatives Werkzeug zur Förderung der Grundeinkommensforschung vorgestellt. Ziel des Projekts ist es, einem schnell wachsenden globalen Publikum verlässliche Informationen über das Grundeinkommen bereitzustellen. Wenn Sie einen umfassenden Einblick in das Projekt gewinnen möchten, laden wir Sie herzlich zur bevorstehenden FRIBIS-Jahrestagung vom 7. bis 9. Oktober ein. Dort wird Jurgen De Wispelaere, Mitglied der FRIBIS-Teams UBI-XT und UBIMar, UBIdata ausführlich vorstellen.

Mehr erfahren auf UBIdata.io

UBIdata sammelt, verarbeitet und präsentiert Daten zu Grundeinkommens-Pilotprojekten und Experimenten, Umfragen und Mikrosimulationen, politischen und medialen Debatten sowie zur Entwicklung von Basisorganisationen und Netzwerken. Sobald UBIdata fertiggestellt ist, wird es verschiedene Schnittstellen und Werkzeuge bieten, mit denen das interessierte Publikum die verfügbaren Informationen entsprechend ihren vielfältigen Bedürfnissen und Anforderungen nutzen kann.

Das ambitionierte Projekt befindet sich gegenwärtig noch in der Testphase des Prototyps. Die aktuelle Beta-Version konzentriert sich auf die Sammlung und Verbreitung wichtiger Daten einer kleinen Auswahl von Pilotprojekten und Experimenten in sechs Ländern. In der Anfangsphase ist es das Ziel, den Nutzen und die Benutzererfahrung des Projekts im kleinen Maßstab zu demonstrieren und zu testen.

Sie können sich beteiligen und uns unterstützen, indem Sie UBIdata in Ihren Netzwerken bekannt machen, das Tool selbst ausprobieren und uns Rückmeldungen an contact@ubidata.io senden. Ihr Input und Ihre Vorschläge sind entscheidend, um UBIdata zu einem nützlichen Werkzeug für alle zu machen, die an der Idee des Grundeinkommens interessiert sind.“

UBIdata team

 

Forschung und Aktivismus im Dialog: FRIBIS bei der Jubiläumsfeier des Netzwerks Grundeinkommen im Juli 2024

Am 6. Juli 2024 feierte das Netzwerk Grundeinkommen sein 20-jähriges Bestehen im Leipziger Budde-Haus mit einer Reihe von Vorträgen, Diskussionen und Panels. Die Veranstaltung, bei der je nach Programmpunkt etwa 60-70 Personen anwesend waren, brachte verschiedene Generationen von Wissenschaftler:innen, Aktivist:innen und interessierten Bürger:innen zusammen und bot eine Kombination aus Vorträgen, Gesprächen, Vernetzung und Festivitäten. Dr. Verena Löffler, Franziska Leopold und Tobias Dumschat, die am FRIBIS in unterschiedlichen Teams forschen, trugen als Panel-Teilnehmende zur Veranstaltung bei.

Grundeinkommen und Pflege

Tobias Dumschat (Koordinator des FRIBIS-Teams care), Doktorand am FRIBIS, beteiligte sich an der Diskussion zum Thema „Arbeit – Care – Grundeinkommen“, die von 14:15 bis 16:00 Uhr stattfand. Er präsentierte aktuelle Forschungsergebnisse aus seiner qualitativen Studie zur Frage, ob pflegende Angehörige ein Grundeinkommen brauchen. Seine Untersuchung nimmt nicht-verrentete pflegende Angehörige in den Blick, die sich um altersbedingt pflegebedürftige Personen kümmern. Tobias Dumschat stellte seine Ergebnisse zur Debatte, wie ein Grundeinkommen die Handlungsmöglichkeiten dieser Gruppe verändern könnte und stellte die subjektiven Einschätzungen der Betroffenen vor.

Seine Erfahrung als Vortragender im Rahmen der Jubiläumsfeier fasst er wie folgt zusammen:

Tobias Dumschat
Mit großer Freude habe ich meine noch unveröffentlichten Forschungsergebnisse bei der 20-Jahresfeier des Netzwerks Grundeinkommen vorgestellt. Nach langen Monaten der Einsamkeit war es nun an der Zeit, die Ergebnisse zu kommunizieren. Umso erfreulicher war es, dies mit einem so interessierten Publikum tun zu können. Die Diskussion mit Margit Appel, Barbara Prainsack und Elfriede Harth sowie die Anmerkungen des Publikums haben mich sehr inspiriert. Anschließend teilten wir uns in kleinere Gruppen auf, sodass Interessierte nochmal im Detail auf Grundlage der Forschungsergebnisse diskutieren konnten. Aus dieser Gesprächsrunde nehme ich viele Anregungen mit, die ich für die Fertigstellung meiner Forschungsarbeit berücksichtigen kann. Insgesamt war es ein hervorragender Tag und ein spannendes Panel.

Wohnungslosigkeit und Grundeinkommen

Dr. Verena Löffler (Mitglied des FRIBIS-Teams care), präsentierte von 16:15 bis 17:15 Uhr Forschungsergebnisse zum Thema „Wohnungslosigkeit und Grundeinkommen“. In ihrem Vortrag ging sie der Frage nach, ob ein Grundeinkommen die die Lebenssituation der am wenigsten Begünstigten verbessert. Sie stellte Ergebnisse aus verschiedenen Projekten vor, die darauf hindeuten, dass ein Bedingungsloses Grundeinkommen als präventive Maßnahme gegen Wohnungslosigkeit wirken könnte. Verena Löffler erlebte die an ihren Vortrag anschließende Diskussion als „sehr produktiv“:

Vor allem habe ich mich gefreut, dass die von mir aus der Theorie abgeleiteten Schlussfolgerungen von Praktizierenden in der Wohnungslosenhilfe bekräftigt wurden. Einen Knackpunkt in der Debatte identifizierte Sandy Feldbacher vom Straßenmagazin KIPPE. Feldbacher wies auf die Problematik der Zugänglichkeit des aktuellen Sozialsystems für Zuwandernde aus der EU hin und fragte, ob sich dies mit einem Grundeinkommen ändern würde. Damit legte sie meiner Meinung nach den Finger in die Wunde einiger Grundeinkommensbefürworter, da die Kalkulation zur Finanzierbarkeit eines BGE vom DIW beispielswiese auf der Annahme basiert, dass die aktuellen Beschränkungen beibehalten werden. Auf der Veranstaltung versicherten einige Anwesende, dass die von Ihnen beworbene Grundeinkommensversion alle Bewohner eines Gebiets umfassen würde, unabhängig davon ob diese sich legal oder illegal dort aufhielten. Ein weiterer interessanter Aspekt der Diskussion kam auf, als aus dem Publikum die Frage gestellt wurde, warum diejenigen, die vermutlich am meisten von einem Grundeinkommen profitieren, oft dagegen seien. Der ehemals von Wohnungslosigkeit betroffene Chriss sagte daraufhin, dass ein gewisses Misstrauen gegenüber der Bedingungslosigkeit der Zahlung bestünde. Die Idee, dass Geld ohne Gegenleistung ausgezahlt würde, sei für viele wohnungslose Menschen nur schwer vorstellbar. Normalerweise müssten sich wohnungslose Personen für Geld immer „nackig machen“, schlimmstenfalls im wörtlichen Sinne, mindestens jedoch im übertragenen gegenüber den Behörden.

Dr. Verena Löffler
Verena Löffler im Gespräch mit Chriss (Wohnungslosenaktivist)

Öffentliche Meinung zum Grundeinkommen und NGO-Strategien

Franziska Leopold (Koordinatorin des FRIBIS-Team MUBINGO), wissenschaftliche Mitarbeiterin am FRIBIS, präsentierte von 17:30 bis 18:15 Uhr ihre Studie zum Thema „Zustimmung und Positionierungen zum Grundeinkommen – Hinweise für erfolgreiche Strategien von NGOs“. Ihre Forschung befasst sich nicht nur mit der öffentlichen Meinung zum Grundeinkommen, sondern auch mit den Herausforderungen von Ehrenamtlichen innerhalb der deutschsprachigen Grundeinkommensbewegung, die sich um effektive Strategien bemühen, die Zustimmung zum Grundeinkommen zu erhöhen. In ihrem Vortrag stellte sie die Ergebnisse ihrer Analyse vor, die verschiedene demographische Gruppen untersucht und Faktoren identifiziert, die die Zustimmung zum Grundeinkommen beeinflussen.

Wie Franziska Leopold berichtet, wurde ihr Vortrag sehr gut aufgenommen. Einige Teilnehmende hätten sich im Anschluss an den Vortrag erkundigt, ob die Informationen bereits öffentlich seien. Besonders interessiert seien die Zuhörenden an der Frage gewesen, wie ein Grundeinkommen geframt werden könnte, um die öffentliche Akzeptanz zu erhöhen. Ihre Forschungsergebnisse hätten die Arbeit der NGOs bestärkt, indem sie gezeigt hätten, dass das Wissen in der Gesamtbevölkerung über das Grundeinkommen noch eher gering sei:

 

Was mir für den wissenschaftlichen Diskurs deutlich wurde: es ist wichtig, dass man Ergebnisse nochmal auf deutsch kurz und knapp aufbereitet bzw. den NGOs zur Verfügung stellt, um den gesellschaftlichen Austausch zu fördern. Zum Nachdenken regte die Aktivist:innen meiner Meinung nach insbesondere an, dass diejenigen, die am stärksten vom Grundeinkommen profitieren würden (Menschen mit geringem Einkommen sowie Frauen), am wenigsten aktiv sind, was sich mit den Erfahrungen der Aktivist:innen allgemein deckte. Zudem sind vor allem jüngere Menschen tendenziell eher weniger aktiv. Ich hatte den Eindruck, dass einige der Aktivist:innen meine Vorschläge, diese möglicherweise besser zu erreichen (mehr einmalige, weniger formale und breite Aktivitäten anbieten, vielleicht über Wettbewerbe/Kunst, Zusammenarbeit mit der Umweltszene etc.), zumindest gedanklich Anklang fanden.

Die Perspektive des Netzwerks Grundeinkommen auf die Zusammenarbeit von Aktivismus und Wissenschaft

Wir haben Ronald Blaschke, Mitbegründer und langjähriges Mitglied des Netzwerks Grundeinkommen, gefragt, welche Rolle aus seiner Sicht die Zusammenarbeit von Forschung und Aktivismus für die zukünftige Entwicklung der Grundeinkommensbewegung spielt und welche Erfolge die aktivistische Arbeit der letzten 20 Jahre für sich beanspruchen kann. Ronald Blaschke ist seit 30 Jahren in sozialen Bewegungen aktiv, davon 20 Jahre in der Grundeinkommensbewegung. Er hat zum Grundeinkommen publiziert, Lehraufträge wahrgenommen und sowohl beruflich im Deutschen Bundestag als auch ehrenamtlich im Netzwerk Grundeinkommen mit Wissenschaftler:innen und wissenschaftlichen Institutionen zusammengearbeitet.

Ronald Blaschke
Wissenschaft und soziale Bewegung können sich gegenseitig befruchten: Wissenschaft kann lernen, was die für die sozialen Bewegungen relevanten Themen, Fragen und Antworten sind. Soziale Bewegungen können eigene Themen und Antworten kritisch prüfen, wissenschaftsbasiert untersetzen. Der dialogische Austausch zum Grundeinkommen und zu angrenzenden Themen ist wichtig. Der erfolgt zu wenig, muss gefördert und verstetigt werden.

Fehlende Übersicht über Wissen zum Grundeinkommen? 

Ein Problem sieht er jedoch in der Wahrnehmung des bereits vorhandenen Wissens in der Grundeinkommensbewegung durch Forschende:

Margit Appel, Barbara Prainsack, Ronald Blaschke
Leider musste ich auch feststellen, dass einige Wissenschaftler:innen nicht wahrnehmen, was in der Grundeinkommensbewegung bereits für ein Wissen angehäuft worden ist. So stellten z. B. renommierte, grundeinkommensaffine Wissenschaftler:innen in einer jüngeren Publikation rund 50 Fragen zum Grundeinkommen, die angeblich beantwortet werden müssten. Zwei, drei Blicke in Publikationen der Grundeinkommensszene geworfen, hätten erfasst, dass die Antworten zum großen Teil schon längst gegeben waren. Daran hätten diese Wissenschaftler:innen, gern auch kritisch, anknüpfen können. Ein Ärgernis.

Hinweis der Redaktion: Das Netzwerk Grundeinkommen hat kürzlich eine umfassende Literaturliste zum Thema Grundeinkommen veröffentlicht. Diese Liste umfasst über 1.300 Titel deutschsprachiger Werke zum Grundeinkommen und stellt damit die bisher umfangreichste Übersicht in diesem Bereich dar. Die Liste ist öffentlich zugänglich und wird von der AG Literatur des Netzwerks Grundeinkommen laufend aktualisiert.

Kommunikation zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit

Blaschke betonte auch die Notwendigkeit einer verbesserten Kommunikation zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit:

Eröffnung der Feier
Wenn Wissenschaft Wissen verbreiten und öffentlich diskutieren will, muss sie in der Lage sein, mindestens zwei „Sprachen“ zu sprechen: eine innerwissenschaftliche, auch weltweit verständliche, also in der Regel englische, Fachsprache. Sie muss ebenso in einer „Alltags“sprache und in jeweiliger Landessprache vortragen, publizieren und diskutieren. Das gilt auch für die Grundeinkommensforschung. Sonst verschenkt sie Potentiale. Luther hat die Bibel übersetzt – das war eine Revolution.

Fazit

Die Jubiläumsfeier unterstrich, dass der kontinuierliche Dialog zwischen Forschung und Aktivismus enorm wichtig ist, um die Grundeinkommensidee beständig weiterzuentwickeln. Darüber hinaus bezeugte die Veranstaltung einmal mehr die Notwendigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse allgemeinverständlich zu vermitteln, um eine breite gesellschaftliche Debatte über das Grundeinkommen anzuregen.