Zwei neue Bände in der FRIBIS-Reihe: Studien des Freiburger Instituts für Grundeinkommensstudien

In der Reihe “Studien des Freiburger Instituts für Grundeinkommensstudien” sind soeben zwei neue Bände beim LIT Verlag erschienen:

Band 2

Lüdemann, Neumärker, Schachtschneider (Hg.): Grundeinkommen braucht Europa – Europa braucht Grundeinkommen, LIT Verlag Dr. W. Hopf Berlin 2023.

Erhältlich über den LIT Verlag: https://www.lit-verlag.de/isbn/978-3-643-15431-6

In diesem neuen Sammelband des Freiburger Instituts zur Erforschung des Grundeinkommens wird das BGE als eine solidarische, möglichst unbürokratische Existenzsicherung für alle Europäerinnen und Europäer untersucht. Die Autor*innen widmen sich aus verschiedenen Perspektiven und Disziplinen der Frage, ob ein bedingungsloses Grundeinkommen eine potenzielle soziale Säule sein könnte, die Disparitäten bei der ökonomischen Leistungsfähigkeit zwischen den Mitgliedstaaten auszugleichen. Sowohl als Printausgabe und auch eBook Download verfügbar!

Band 3

Sammelband zur 2. FRIBIS Jahrestagung: Neumärker, Schulz (Hg.): Basic Income and Development, LIT Verlag GmbH & Co. KG Wien 2023.

Erhältlich über den LIT Verlag: https://www.lit-verlag.de/isbn/978-3-643-91641-9

Auch im Anschluss der zweiten FRIBIS-Jahrestagung im Oktober 2022 ist ein Sammelband entstanden, in dem die Beiträge des Tagungsthemas „Basic Income and Development“ präsentiert werden. Die Beiträge der Autor*innen befassen sich aus internationaler und interdisziplinärer Perspektive mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen im Kontext von Fragen zum Thema Development. Sowohl als Printausgabe und auch eBook Download verfügbar!

Eine Übersicht über alle bisherigen veröffentlichten Bände finden Sie hier.

Interessierte Bibliotheken und Institute können sich bei Interesse und Fragen auch an Jessica Schulz, Publikationsmanagament FRIBIS jessica.schulz@fribis.uni-freiburg.de wenden.

Thüringen diskutiert das Grundeinkommen: Rückblick auf Prof. Neumärkers Vortragsreihe im November 2023

Etwa eine Woche ist es her, dass sich FRIBIS-Direktor Prof. Bernhard Neumärker gemeinsam mit Daniel Weißbrodt (Germanist und Grundeinkommensbefürworter) auf eine Tandem-Vortragsreise zum Grundeinkommen nach Thüringen begeben hat. Die Veranstaltungsreihe (7. bis 10. November 2023) kam durch die Vermittlung von Susanne Schickschneit zustande, der Vorsitzenden des Vereins “Thüringer für Grundeinkommen”. Unter dem Titel „Bedingungsloses Grundeinkommen – eine Utopie gut durchgerechnet“ stellten beide Vortragenden ihre Argumente vor und erklärten unter anderem, weswegen ein BGE – anders als man häufig hört – durchaus finanzierbar sei.

Wir haben Prof. Neumärker gefragt, welche Eindrücke die Reise bei ihm hinterlassen hat und was er aus den Diskussionen mit den Menschen vor Ort mitnehmen konnte. Zunächst einmal habe es ihn gefreut, zu sehen, wie aktiv die Grundeinkommensszene in Thüringen sei, so Prof. Neumärker. Eine Herausforderung für die Zukunft bestehe darin, das Thema Grundeinkommen in die aktuellen politischen Debatten rund um Krisen und wirtschaftliche Probleme noch stärker einzubringen und die Öffentlichkeit an das Thema BGE heranzuführen. Gerade die aktuelle Diskussion um das Bürgergeld biete hier gute Anknüpfungsmöglichkeiten. Er sei jedoch positiv überrascht gewesen, wie offen die Menschen für neue und weniger bekannte Argumente zugunsten des BGE waren. Auf reges Interesse stießen insbesondere die Idee des Netto-Grundeinkommens und die Konzeption des BGE als eine Art Ausstiegsoption, die Menschen die Möglichkeit gibt, sich aus schwierigen Lebenssituationen selbstständig zu befreien.

Die Zusammenarbeit mit Daniel Weißbrodt habe sich, so Prof. Neumärker, als außerordentlich fruchtbar erwiesen. Das gegenseitige Abgleichen von Argumenten – einerseits denen eines wissenschaftlich interessierten Schriftstellers aus der Zivilgesellschaft, andererseits denen eines Vertreters des akademischen Milieus – hätten beiden Seiten und dem Publikum neue Erkenntnisse verschafft.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass das positive Feedback auf die Thüringer Tandem-Vortragsreihe den Ansatz des FRIBIS bestätigt: Das Thema BGE muss weiter in die Zivilgesellschaft hineingetragen und die wissenschaftliche Forschung einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden.

Rückblick auf die FRIBIS Summer School 2023

Im Jahr 2023 organisierte das FRIBIS eine dreiteilige Summer School zum Thema „Empirical Methods of UBI Investigations“. Ziel der Reihe war es, praxisnaher Grundeinkommensforschung ein Forum zu bieten und Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, sich mit renommierten Expertinnen und Experten vor Ort auszutauschen.

Welche Themen und Fragestellungen standen konkret im Mittelpunkt? Was konnten die Leitenden und Teilnehmenden der Summer Schools aus den Veranstaltungen für sich mitnehmen? Haben die Summer School ihre Perspektive auf das Grundeinkommen verändert? Dies und mehr erfahren Sie im folgenden Bericht.

FRIBIS Summer School 2023 Part 1/3: “How to Build a UBI Pilot”

Wie man einen Grundeinkommens-Piloten plant und durchführt, lässt sich nicht allein mit theoretischen Mitteln beantworten. Deswegen hat das FRIBIS mit Sarath Davala (BIEN) und Neil Howard (University of Bath) zwei Experten für die Leitung des ersten Teils der Summer School am 10. Juli 2023 eingeladen, die 2022 gemeinsam den workFREE UBI+ Pilot in Indien in die Wege geleitet haben. Im Zuge von workFREE erhalten ca. 1250 Bewohnerinnen und Bewohner von vier informellen Siedlungen in Hyderabad (Indien), die zuvor größtenteils als Müllsammelnde am Rande des Existenzminimums lebten, für 18 Monate BGE sowie organisatorische Unterstützung bei der Identifikation und Lösung von Problemen.

Laut Neil Howard, dem Koordinator des Mitte 2023 neu gegründeten Teams FRIBIS-Teams „UBI Experiments“, war die Summer School die erste wichtige Maßnahme für sein Team. Einen Tag lag sprach er gemeinsam mit Sarath Davala über die kritischen Aspekte, was Pilotprojektdesign und -umsetzung betrifft – von praktischen Fragen wie der Auswahl von Stichproben über ethische und methodische Fragestellungen bis hin zum Thema der Interessenvertretung.

„Die Summer School war eine der ersten Schulungen dieser Art, und ihre Aufzeichnung und Verbreitung wird eine wichtige Ressource für die aufkeimende Pilotengemeinschaft darstellen. Wir freuen uns darauf, bald eine längere und umfangreichere Winter School zu veranstalten!“ (Neil Howard)

Weitere Informationen zur „How to Build a UBI Pilot“ Summer School finden Sie hier.

FRIBIS Summer School 2023 Part 2/3: Social Contract Lab Experiments

Welche gesellschaftlichen Grundregeln sollten gelten, wenn wir ein bedingungsloses Grundeinkommen einführen? Diese normative Frage wird zumeist theoretisch-argumentativ beantwortet, sie lässt sich jedoch auch mit empirischen Mitteln angehen. Die experimentelle Ökonomie und Verhaltensökonomie bieten Ansätze, wie man unter Laborbedingungen das gesellschaftliche Einigungs- und Legitimationspotenzial für ein Grundeinkommen testen kann. Wie genau das funktioniert, wurde zwischen dem 11. und 14. Juli 2023 im Rahmen des zweiten Teils der Summer School erörtert.

Der zweite Teil der Summer School nahm insgesamt vier Tage in Anspruch. Die ersten beiden Tage fand die Summer School unter Leitung von Prof. Bernhard Neumärker statt, der neben dem FRIBIS auch dem Social Contract Laboratory (SoCoLab) Freiburg vorsteht und auf langjährige Erfahrung in der empirischen Untersuchung von gesellschaftsvertraglichen Auswahlprozessen zurückblicken kann. Die letzten beiden Tage des zweiten Teils der Summer School leiteten drei italienische Expertinnen und Experten, Prof. Lorenzo Sacconi (Universität Mailand), Prof. Marco Faillo (Universität Trient) und Dr. Virginia Cecchini Manara (Universität Mailand).

Wir haben die Philosophin Laura Marcon (Postdoc Fellow an der University of Pennsylvania) gefragt, welchen Nutzen sie aus der Summer School ziehen konnte und inwiefern sich ihr Blick auf das BGE durch die Teilnahme verändert hat:

„Die Summer School bot eine wertvolle Plattform, um innovative Ansätze im Bereich der Verteilungsgerechtigkeit zu erkunden, wobei der Schwerpunkt auf dem BGE und dem Mindesteinkommen lag. Die Anwesenheit von Teilnehmern, die sich mit der Materie gut auskennen, förderte anregende Diskussionen und legte den Grundstein für mögliche künftige Kooperationen.

Die Veranstaltung hat meine Sichtweise auf das BGE deutlich verändert. Sie zeigte klar, wie wichtig es ist, experimentelle ökonomische Methoden zur Erforschung des Grundeinkommens einzusetzen und zeigte die zentrale Rolle auf, die Laborexperimente für das Verständnis der öffentlichen Wahrnehmung und die Entwicklung praktikablerer Lösungen in diesem Bereich spielen können.“ (Laura Marcon)

Weitere Informationen zur „Social Contract Lab Experiments“ Summer School finden Sie hier.

FRIBIS Summer School 2023 Part 3/3: „Microsimulation and Social Welfare Maximization”

Der dritte und letzte Teil der Summer School fand zwischen dem 18. und 20. Juli 2023 unter Leitung von Ugo Colombino (Universität Turin) zum Thema Mikrosimulation und Wohlstandsmaximierung statt. Mikrosimulationsmodelle sind computergestützte Modelle, die individuelle Entscheidungen und Verhaltensweisen auf Grundlage umfangreicher Daten simulieren, um die Auswirkungen von politischen Maßnahmen oder sozialen Veränderungen auf Einzelpersonen oder Haushalte zu analysieren. Was die Grundeinkommensforschung betrifft, so geben sie Forschenden Mittel an die Hand, herauszufinden, wie etwa die Zahlung eines BGE die Lebensbedingungen von Menschen beeinflussen würde, welche Auswirkungen eine solche Zahlung auf den Arbeitsmarkt hätte oder wie eine BGE-Zahlung gestaltet sein müsste, um den gesellschaftlichen Wohlstand zu maximieren.

Der Workshop hatte das Ziel, junge Forschende und arrivierte Forschende, die im Bereich der statischen Modellierung Neuland betreten, mit den theoretischen Grundlagen und Anwendungsmöglichkeiten der Mikrosimulation vertraut zu machen. Vom Forschungsdesign bis zur Analyse der Ergebnisse wurde dabei der gesamte Bereich der wissenschaftlichen Anwendung abgedeckt.

Wir haben Fabian Boehme und Lilly Fischer, beide Doktoranden am renommierten ifo Institut, gefragt, welche Eindrücke sie aus den Summer Schools mitgenommen haben:

 

„Die Summer School hat mir ermöglicht, mich auf dem speziellen Gebiet der Mikrosimulation weiterzubilden. Es gab einen guten Überblick über Anwendungsmöglichkeiten und theoretische Grundlagen. Mikrosimulation ist eine essenzielle Methode, um die Effekte auf den Staatshaushalt, Arbeitsmarkt sowie Ungleichheit von Reformen des Steuer- und Transfersystems abzuschätzen.“ (Lilly Fischer)

„Die diesjährige Summer School Mikrosimulationen von FRIBIS war für mich als jungen PhD-Studenten äußerst erfolgreich. Ich hatte die einzigartige Gelegenheit, von einem angesehenen Experten auf dem Gebiet der Mikrosimulation und optimalen Besteuerung, Ugo Colombino, zu lernen und meine eigene Forschung zu präsentieren. Das besondere Umfeld aus gleichgesinnten jungen Forschern ermöglichte einen einzigartigen Wissensaustausch, der sich sogar abends in geselliger Runde fortsetzte. Ich möchte einen besonderen Dank an Tanja Kirn aussprechen, die mit ihrer reibungslosen Planung dafür gesorgt hat, dass diese Summer School zu einem unvergesslichen Ereignis wurde.“ (Fabian Boehme)

Weitere Informationen zur „Microsimulation and Social Welfare Maximization“ Summer School finden Sie hier.

Fazit

Die dreiteilige FRIBIS Summer School 2023 waren ein voller Erfolg und motivieren uns, im nächsten Jahr erneut eine Summer School in Freiburg zu veranstalten, die der internationalen Grundeinkommensforschung eine Plattform bietet. Das letzte Wort hat Simon März – wissenschaftlicher Mitarbeiter am FRIBIS und Koordinator des XUBI Forschungsteams – der alle drei Teile der Summer School absolviert hat.

„Für mich als Teilnehmer waren die Summer Schools nicht nur inhaltlich höchst spannend und abwechslungsreich, sondern auch ein wunderbarer Ort um mich mit vielen anderen Forschenden in dem Feld über deren Forschung und Forschungsansätze auszutauschen. Viele der Inspirationen werden mich noch weiterhin in meiner eigenen Forschung begleiten und ich kann deswegen jedem empfehlen die nächsten Summer Schools zu besuchen.“ (Simon März)

Vortragsreise vom 7. bis 10. November 2023: “Bedingungsloses Grundeinkommen – eine Utopie gut durchgerechnet”

Zwischen 7. und 10. November 2023 reisen Prof. Dr. Bernhard Neumärker (Ökonom) und Daniel Weißbrodt (Germanist & Autor) durch Thüringen, um die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens vorzustellen. Häufig wird gegen die Idee eines Grundeinkommens das Argument ins Feld geführt, seine flächendeckende Einführung sei zu teuer. Bernhard Neumärker und Daniel Weißbrodt lassen diesen Einwand nicht gelten. Ihre eigenen Kalkulationen präsentieren sie im Rahmen von Vorträgen unter dem Titel „Bedingungsloses Grundeinkommen – eine Utopie gut durchgerechnet“.

Die Vortragstermine sind:

  • Nordhausen, Dienstag, 07. November 2023, 18 Uhr im Lesesaal der Stadtbibliothek, Nikolaiplatz 1
  • Weimar, Mittwoch, 08. November 2023, 19 Uhr im Gewölbekeller der Stadtbibliothek, Steubenstraße 1
  • Suhl, Donnerstag, 09. November 2023, 19 Uhr in der Kulturbaustelle, Friedrich-König-Straße 35
  • Eisenach, Freitag, 10. November 2023, 19 Uhr im Gedankentheater, Theaterplatz 2

Alle Interessierten sind herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei.

Der FRIBIS-Workshop „Das bedingungslose Grundeinkommen als ökonomisches Narrativ?“ (20.–22. September 2023)

Es herrscht ein gewisses Durcheinander, wenn es um ‚Narrative‘ geht. Während manche das Wort ,Narrativ‘ für eine nichtssagende Floskel halten, verwenden andere den Narrativbegriff wie selbstverständlich als Analysekategorie zur Erklärung gesellschaftlicher Phänomene. Und während die einen davon sprechen, dass gegnerische Vorstellungen „bloße Narrative“ seien, stellen andere fest, dass wir „neue Narrative brauchen“. Gerade auch im Grundeinkommensdiskurs spielt der Narrativbegriff eine wichtige Rolle: Ist das BGE zum Beispiel ein „bloßes Narrativ“ – oder bedarf es neuer Narrative, etwa eines Gegen-Narrativ zum Leistungsgedanken, um dem Grundeinkommen mehr gesellschaftliche Akzeptanz zu verschaffen?

Begrüßung durch Prof. Andreas Urs Sommer

Zur Veranstaltung

Das FRIBIS-Team Partizipation und bedingungsloses Grundeinkommen – ‚Narrative‘ der Zukunft (PartUBI) hat zwischen 20. und 22. September 2023 einen Workshop veranstaltet, um Licht ins Dickicht der Narrative zu bringen. Die von Leon Hartmann, Sebastian Kaufmann und Robert Krause organisierte Veranstaltung stand unter dem Titel „Das bedingungslose Grundeinkommen als ökonomisches Narrativ?“ Zu den Vortragenden gehörten Nachwuchsforschende und arrivierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen (das Programm finden Sie hier).

 

Unterschiede zwischen den Teilnehmenden zeigten sich vor allem im Hinblick auf die Verwendung des Narrativbegriffs und die jeweiligen methodischen Prämissen. So nahmen einige Vortragende methodologische Metaperspektiven ein und sprachen darüber, welche Denotationen und Konnotationen dieser Begriff hat und wie er in bestimmten Diskursen gebraucht wird. Andere Vortragende waren dagegen weniger an der Analyse diskursiver Praktiken interessiert als vielmehr an gesellschaftlichen Phänomenen rund um das Grundeinkommen, die sie mit dem Narrativbegriff analytisch zu erfassen suchten. Dass Vertreterinnen und Vertreter dieser unterschiedlichen Herangehensweisen im Zuge des Workshops ins Gespräch gekommen sind, hat sich als äußerst fruchtbar erwiesen.

Fazit und weiteres Vorgehen von PartUBI

Es wurde im Zuge des Workshops deutlich, wie zukunftsweisend das Thema der Narrative in seinem Zusammenhang mit dem Grundeinkommen ist und wie entscheidend der Narrativbegriff gegenwärtige Gesellschaftsdebatten bestimmt. Die Mitglieder von PartUBI sehen sich daher bestärkt in ihrem Anliegen, die Verwendung des Narrativbegriffs und die Funktion von ‚Narrativen‘ im Kontext von Kultur, Wissenschaft und Politik in Zukunft noch genauer zu untersuchen. Als Nächstes steht die Publikation eines Sammelbands in der FRIBIS-Schriftenreihe an, in dem die ausgearbeiteten Beiträge der Workshop-Teilnehmenden veröffentlicht werden.

Prof. Dr. Michael Roos

Interview mit Toru Yamamori (Doshisha University) aus dem Gender-Team zu seinem Aufenthalt in Freiburg

Im Rahmen seines Gastaufenthalts am FRIBIS präsentierte Professor Toru Yamamori an einem sonnigen Dienstagnachmittag in Freiburg sein Paper Is a penny a month a basic income? A historiography of a threshold in basic income den Mitgliedern des FRIBIS sowie externen interessieten Hörer*innen. Der Professor für Ökonomie der Doshisha Universität in Kyoto gewann mit diesem Paper bereits zum wiederholten Mal den Essay-Preis der renommierten Zeitschrift Basic Income Studies.

Als Co-Chair der BIEN-Arbeitsgruppe zur Klarheit von Grundeinkommensdefinitionen stellte Toru Yamamori die Frage, ob eine Schwelle für ein Grundeinkommen in der Definition des Grundeinkommens enthalten sein müsse und gab einen Überblick über die Entwicklung von impliziten und expliziten Definitionen eines Grundeinkommens. Auf den Vortrag mit dem gütiger Weise an das deutsche Publikum angepassten Titel „Is a cent a month ein Grundeinkommen?“ folgte eine lebendige Diskussion, die sich beim anschließenden gemeinsamen Abendessen fortsetzte. Wir bedanken uns bei Professor Toru Yamamori für seinen anregenden Vortrag, die fachlich spannenden und zugleich netten Gespräche während seines Aufenthalts und seine Arbeit für das FRIBIS-Gender-Team, welches sich nach Jahren der Online-Meetings endlich in Teilen persönlich treffen konnte.

Wie war dein Aufenthalt in Freiburg/bei FRIBIS?

Es war wirklich toll. Ich bin schon seit einigen Jahren im UBI- und Gender-Forschungsteam und kenne Jessica und Clem schon seit ein paar Jahren, aber das war das erste Mal, dass wir uns persönlich treffen konnten. Auch Prof. Neumärker (Leitung) und die Kolleg*innen am FRIBIS sind freundlich und gaben mir das Gefühl, an einer Heimatinstitution zu sein.

Was hat dich überrascht bzw. was hast du für Reaktionen auf deinen Vortrag erwartet?

Die Leute haben meinem Vortrag aufmerksam zugehört und mir wichtiges Feedback gegeben. Es ist schade, dass ich nicht länger bleiben konnte, um mich noch mehr auszutauschen. Ich würde gerne wieder nach Freiburg kommen.

Rückblick auf den Science Talk im Liefmann-Haus

Viele der drängendsten Probleme unserer Zeit, ob Klimawandel, Inflation oder demographischer Wandel, haben einen ökonomischen Bezug. Welche Lösungsansätze die aktuelle ökonomische Forschung bieten kann, diskutierten Dr. Denisa Sologon (Luxembourg Institute of Socio-Economic Research), Dr. Tanja Kirn, Ass.-Prof. (Universität Liechtenstein) sowie Prof. Dr. Bernhard Neumärker (Götz-Werner-Professur für Wirtschaftspolitik und Ordnungstheorie der Universität Freiburg/FRIBIS) bei einem Science Talk im historischen Liefmann-Haus der Universität Freiburg.

Im interaktiven Austausch wurden mögliche Ansätze diskutiert, die unerwünschte Auswirkungen der oben genannten Problemfelder abmildern sollen. So beleuchtete Dr. Sologon die Auswirkungen der Inflation innerhalb Europas und wies darauf hin, dass die Inflationsrate für untere Einkommensgruppen höher ist, da sie einen größeren Teil ihres Einkommens konsumieren. Dieser regressive Effekt, d.h. die höhere Belastung von Haushalten mit geringerem Einkommen, ist auch bei der CO2-Steuer zu beobachten. Dieser Effekt könne abgemildert oder aufgehoben werden, wenn die daraus resultierenden Steuereinnahmen durch ein so genanntes partielles Grundeinkommen wieder an die Bevölkerung zurückgegeben würden, so Prof. Neumärker. Dr. Tanja Kirn zog eine Parallele zu den Auswirkungen steigender Gesundheitskosten in der Schweiz und in Liechtenstein. Auch hier zeige sich eine regressive Belastungswirkung. Eine Abkehr vom Konzept der Einheitsprämie würde jedoch einen Systemwechsel bedeuten.

Um politisch tragfähige und wirtschaftlich nachhaltige Lösungen zu finden, sind detaillierte Mikrosimulationsanalysen notwendig – ein Forschungsgebiet, in dem alle beteiligten Forschenden aktiv sind. Das neue Erasmus+ Forschungsprojekt ecoMOD (Project: 2023-1-LI01-KA220-HED-000157594), an dem Prof. Dr. Neumärker von der Universität Freiburg/FRIBIS als Projektpartner beteiligt ist, hat sich zum Ziel gesetzt, bestehende Modelle weiterzuentwickeln und die Analysefähigkeiten von Nachwuchswissenschaftlern und Studierenden zu stärken. Die Veranstaltung fand im Rahmen der ERASMUS Days statt, die europaweit auf die Aktivitäten der von der Europäischen Kommission kofinanzierten ERASMUS+ Projekte aufmerksam machen.

Internationales Forschungsprojekt “ecoMOD” entwickelt Politikoptionen für eine resiliente Gesellschaft

Ab Herbst 2023 startet das internationale Forschungsprojekt ecoMOD, das von der FRIBIS Mitarbeiterin Dr. Tanja Kirn koordiniert wird. Ziel ist es, Politikoptionen für eine resiliente Gesellschaft zu evaluieren. Schwerpunkte sind hierbei die Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Alterssicherung, die Ursachen von Armut und Ungleichheit sowie die Möglichkeiten der Rückerstattung von CO₂-Steuereinnahmen.

Das Forschungsprojekt wird von der Europäischen Kommission im Rahmen des Förderprogramms Erasmus+ kofinanziert. Projektpartner sind renommierte Institutionen wie das Luxembourg Institute of Socio-Economic Research (LISER/Luxemburg), die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Deutschland), die NUI Galway (Irland) sowie das FPB Brussels / KU Leuven (Belgien).

Pensionen – mit welchen Reformen auf den demografischen Wandel reagieren?

Umlagefinanzierte Alterssicherungssysteme geraten durch den demografischen Wandel unter Druck, da die Lebenserwartung steigt und immer weniger Beitragszahlende immer mehr Pensionierten gegenüberstehen. Dadurch stellt sich die Frage, welche Reformoptionen für umlagefinanzierte Altersicherungssysteme wie die gesetzliche Rentenversicherung (Deutschland) oder die Alters- und Hinterlassenschaftsversicherung (Schweiz) bestehen. Das Spektrum reicht von einer Erhöhung (Koppelung) des gesetzlichen Rentenalters (an die Lebenserwartung), einer altersabhängigen Anrechnung von Beitragsjahren und damit einer Flexibilisierung des Renteneintritts (und der Rentenhöhe), Erhöhung der Beitragssätze, Anpassung der Hinterlassenenrenten, bis hin zu einer Erhöhung der Anreize zur Erwerbstätigkeit (über das gesetzliche Rentenalter hinaus).

Das Forschungsprojekt ecoMOD analysiert, wie sich einzelne und kombinierte Reformmaßnahmen auf das zukünftige Renteneinkommen auswirken. Dabei wird auch untersucht, welchen Effekt Veränderungen in der Erwerbsbeteiligung (z. B. Erhöhung der Frauenerwerbsquote) auf das Rentensystem haben.

Armut – was sind die Hauptursachen von Armut und Ungleichheit?

Die Anzahl der dauerhaft von Armut bedrohten Menschen ist in Europa in den letzten Jahren gestiegen. Ein Grund für diese Entwicklung ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit sowie die Folgen der Finanzkrise, die zu niedrigeren Haushaltseinkommen in Europa geführt haben. Wissenschaftliche Untersuchungen deuten überdies darauf hin, dass ein Hochschulabschluss heute nicht mehr so stark vor Armut schützt wie früher. Seit der Finanzkrise spielen stattdessen die Beschäftigungsstabilität und eine gute Betreuungsmöglichkeiten für Kleinkinder eine wichtigere Rolle. Darüber hinaus scheinen kurz- und langfristige Maßnahmen zur Armutsbekämpfung, wie sie während der COVID-19-Pandemie oder der Energiepreiskrise umgesetzt wurden, an Bedeutung gewonnen zu haben.

EcoMOD möchte bereits bestehende Simulationsmodelle verbessern, die Auswirkungen von Wirtschaftskrisen auf die Einkommensverteilung abbilden. Außerdem werden die Modelle um Module aus geographischen Informationssystemen ergänzt, um regionale Muster erkennen und räumliche Wirtschaftsindikatoren entwickeln zu können.

Umwelt – wie können Einnahmen aus einer CO₂-Steuer rückvergütet werden?

CO2-Steuern gelten als der kosteneffizienteste Hebel, um zur Bekämpfung des Klimawandels Kohlenstoffemissionen zügig und umfassend zu reduzieren.  In der Regel sind CO₂-Steuern jedoch regressiv, d. h. die prozentuale Steuerbelastung nimmt mit steigendem Einkommen ab: Haushalte mit niedrigem Einkommen geben tendenziell einen höheren Anteil ihres Einkommens für emissionsintensive Güter und Dienstleistungen aus als Haushalte mit höherem Einkommen.

Dialog zwischen politischen Entscheidungsträgern, der Öffentlichkeit und der Wissenschaft

Neben der Weiterentwicklung von Lehre und Forschung besteht ein weiteres Ziel des Projekts darin,
den Dialog zwischen Politik, Öffentlichkeit und Wissenschaft zu fördern. Daher werden wir
verschiedene Informationskanäle (Print- und Online-Medien) nutzen, um über das Projekt zu
informieren. Die Zwischenergebnisse werden im Rahmen einer Konferenz im Winter 2024/25 an der
Universität Liechtenstein präsentiert. Darüber hinaus werden wir mit Abendvorträgen, Blogs und
Podcasts laufend über das Projekt informieren.

Beteiligte Wissenschaftler:innen

Prof. Dr. Bernhard Neumärker; Projektleitung Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Dr. Tanja Kirn, Ass.-Prof.; Projektkoordinatorin und Projektleitung Universtität Liechtenstein

Dr. Denisa Solognon; Projektleitung Universität Luxemburg; LISER – Luxembourg Institute of Socio-Economic Research

Prof. Cathal O’Donoghue; NUI Galway (contractual partner)

Dr. Gijs Dekkers; FPB Brussels, KU Leuven (associated partner)

Dr. Philippe Liégeois, LISER – Luxembourg Institute of Socio-Economic Research

Projekt: 2023-1-LI01-KA220-HED-000157594

Tobias Dumschat im TV-Interview bei SWR Aktuell zu Bürgergeld, Minijobs und Grundeinkommen

In der SWR-Aktuell-Sendung vom 25. August 2023 werden zwei Menschen vorgestellt, die nur mit Mühe ihre Lebenshaltungskosten bestreiten können: Der Breisacher Klaus Endres, der drei verschiedene Minijobs angenommen hat, um sich über Wasser halten zu können, und Claudia, die an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet und Bürgergeld bezieht.

Klaus Endres trägt um zwei Uhr nachts Zeitungen aus, arbeitet am Baggersee als Ordnungshüter und putzt abends am Breisacher Bahnhof die öffentlichen Toiletten. Nach Abzug von Strom und Versicherungen bleiben ihm weniger als 600 € zum Leben. Trotzdem „besser als im Arbeitsamt hängen“, sagt er. „Es ist zwar wenig. Aber man kann über die Runden kommen.“ Claudia wiederum versteht Klaus Endres Haltung, denn die Stigmatisierung Langzeitarbeitsloser sei groß – ebenso wie die Furcht vor dem völligen sozialen Abstieg. Obwohl Mietzahlungen für sie laut eigener Aussage höchste Priorität besitzen, hat Claudia Angst vor einer drohenden Obdachlosigkeit. Auf die Frage, ob das Bürgergeld für sie als ehemalige Hartz-IV-B Bezieherin etwas ändere, lautet ihre Antwort, es sei „einfach nur ein anderes Wort“.

Die prekären Lebenssituationen von Klaus Endres und Claudia illustrieren, warum das Thema Grundeinkommen mittlerweile breit in der Gesellschaft diskutiert wird: Als sozialpolitische Maßnahmen sind geringfügige Beschäftigungsverhältnisse und Bürgergeld zweifellos verbesserungsfähig. Das bedingungslose Grundeinkommen stellt in diesem Zusammenhang eine Alternative dar, die Menschen aus toxischen Abhängigkeiten und prekären Lebensverhältnissen befreien könnte.

Tobias Dumschat, FRIBIS-Pressereferent und Koordinator des FRIBIS-Teams Care, wurde von SWR Aktuell als Experte interviewt: Ist das Bürgergeld lediglich alter Wein in neuen Schläuchen? Was ist von Minijobs zu halten? Und inwieweit könnte das Grundeinkommen für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen? Simplifizierenden Antworten auf diese komplexen Fragen erteilt Tobias Dumschat eine klare Absage. Das Interview sehen Sie ab 09:56. Den vollständigen Beitrag sehen Sie ab 03:54.

PostDoc Lisa Reuter ist Preisträgerin des Erasmus Prize for the Liberal Arts and Sciences 2023

Lisa Reuter, die seit Oktober 2022 als PostDoc am FRIBIS tätig ist, hat für ihre Dissertation in Psychologie den „Erasmus Prize for the Liberal Arts and Sciences“ i. H. v. 3.500 € erhalten, der vom University College Freiburg jährlich in zwei Kategorien vergeben wird. Ihre kumulative Doktorarbeit am Institut für Psychologie und im Exzellenzcluster „Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems“ (livMatS) trägt den Titel Bridging Over the Troubled Waters of Quantitative and Qualitative Methods: Exploring Cognitive-Affective Maps in Empirical Research.

Am Grundeinkommen interessieren Lisa Reuter vor allem Fragen der sozialen Umverteilung, sozialpolitische Narrative, Konzeptualisierungen von Mensch und Gesellschaft, die sozialökologische Transformation, Gemeingüter sowie interdisziplinäre Forschungsansätze.

Lisa Reuters Doktorarbeit: Grenzen und Möglichkeit der Methode der Cognitive Affective Maps (CAMs)

„Dr. Lisa Reuter hat in ihrer kumulativen Doktorarbeit am Institut für Psychologie und im Exzellenzcluster „Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems“ (livMatS) der Universität Freiburg die Möglichkeiten und Grenzen der von Paul Thagard entwickelten Methode der „Cognitive Affective Maps“ (CAMs) untersucht. CAMs sind Karten, die Überzeugungen in Form von visuellen Netzwerken abbilden und Bewertungen als positiv, negativ, neutral oder ambivalent erlauben. Dieser methodische Ansatz findet in der Mixed-Methods-Forschung Anwendung. In drei unterschiedlichen Fallstudien hat Reuter CAMs eingesetzt und die Ergebnisse analysiert. Hierbei verwendete sie eine Software, die es Einzelpersonen unaufwändig erlaubt, Erfahrungen und Eindrücke zu einem gegebenen Thema zu visualisieren – wodurch größere und standardisierte CAM-Datensätze möglich wurden.

Reuter untersuchte mithilfe von CAMs, ob sich kognitiv-affektive Wahrnehmungen der Coronapandemie durch regelmäßige Spaziergänge veränderten. Eine Querschnittsstudie mit Teilnehmer*innen aus Deutschland und Kanada widmete sich außerdem der empfundenen Bedrohung durch das Coronavirus. In einer dritten Studie untersuchte Reuter, wie bei der Entwicklung neuer Technologien die Nachahmung von Naturphänomenen wahrgenommen wird und kombinierte hierzu psychologische und philosophische Ansätze. Für ihre Studien kooperierte sie auch mit Partner*innen aus Politikwissenschaft und Philosophie. Reuter kommt zu dem Ergebnis, dass der computergestützte Einsatz von CAMs Brücken zwischen qualitativen und quantitativen Methoden schlagen und gerade bei interdisziplinären Arbeiten die Vorteile beider Ansätze vereinen kann.“

Quelle: Hochschul- und Wissenschaftskommunikation der Universität Freiburg