Ringvorlesung zum Grundeinkommen an der Uni Wien im WS 2024/25 & Erweiterung des Care-Teams um Margit Appel

An der Universität Wien findet im Wintersemester 2024/25 eine Ringvorlesung zum Thema „Bedingungsloses Grundeinkommen – Baustein für gesellschaftliche Transformation und Politikgestaltung“ statt. Die von Prof. Dr. Barbara Prainsack geleitete Vorlesungsreihe wird in Zusammenarbeit mit dem “Netzwerk Grundeinkommen und Sozialer Zusammenhalt – BIEN Austria” organisiert.

Gegründet wurde das “Netzwerk Grundeinkommen und Sozialer Zusammenhalt – BIEN Austria” unter anderem von Margit Appel, die das FRIBIS-Team “care” zukünftig als Mitglied des Tranfer Teams unterstützen wird. Mit Appel gewinnt das Team eine ausgewiesene Expertin für feministische Perspektiven auf das Grundeinkommen. Ihre Beweggründe für den Beitritt zum Care-Team erläutert sie wie folgt:

Ich beschäftige mich schon wirklich lange mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen aus einer feministischen Perspektive. In der Grundeinkommensbewegung selbst wird die Frage nach der Verteilung der unbezahlten Arbeit unter den Verhältnissen jetzt unzureichend thematisiert. Ebenso fehlen systematische Überlegungen zur möglichen Wirkung eines BGE auf die Verteilung schlecht- und unbezahlter Care-Arbeit. Ich habe dazu gemeinsam mit Barbara Prainsack ein Buch geschrieben, das Anfang 2024 erschienen ist. Bei der FRIBIS-Jahrestagung 2023, bei der ich eingeladen war, Thesen aus dem Buch vorzustellen, konnte ich das Care-Team kennenlernen. Die Einladung mitzuarbeiten, habe ich sofort und gerne angenommen, weil ich damit ,einen Ort‘ gefunden habe, an denen die Fragen diskutiert werden, die mir wichtig sind.

Wir haben Margit Appel außerdem gefragt, was sie sich von ihrer Team-Mitgliedschaft erhofft:

Da ich schon bei einigen Treffen dabei sein durfte, muss ich mich nicht mehr nur auf’s Hoffen beziehen. Ich habe schon erfahren, dass in einer sehr unhierarchischen, offenen Weise daran gearbeitet wird, Beiträge zu den Besonderheiten und Herausforderungen des Care-Themas leisten zu können und in differenzierter Weise über den Impact des BGE zu reflektieren. Weiterbringende Einsichten gab es bislang bei jedem Gespräch und darauf hoffe ich, dass das auch in Zukunft so bleibt.

Zur BGE-Ringvorlesung, die im Wintersemester 2024/25 an der Universität Wien stattfindet, erklärt Appel

Mit den zwölf Vorlesungseinheiten soll aus möglichst vielen Themenfeldern heraus der Frage nachgegangen werden, ob und in welcher Weise das BGE Baustein für gesellschaftliche Transformation und Politikgestaltung sein kann. Die ersten Vorlesungen widmeten sich den Baufehlern und Wirkungen des österreichischen Sozialstaates, dem Einfluss künstlicher Intelligenz auf den Arbeitsmarkt und dem Zusammenhang von Arbeit, Care und BGE. Bei dieser letzten Einheit haben Ute Fischer und Verena Löffler vom FRIBIS-Care-Team Beiträge geleistet. Es folgt die Auseinandersetzung mit dem Zusammenspiel von BGE und öffentlichen Infrastrukturen, der Position der Gewerkschaften zum BGE, die Frage der Finanzierung als Unterscheidung zwischen emanzipatorischen und neoliberalen BGE und damit Politikvorstellungen (ein Vortrag kommt von Ronald Blaschke, Mitglied des Care-Teams). Zwei ,Experimente‘ werden miteinander verglichen: ein BGE-Projekt in Heidenreichstein und ein Jobgarantie-Projekt in Marienthal, beides niederösterreichische Gemeinden. Die ökologische Vielfachkrise ist Thema eines Podiums mit u. a. VertreterInnen von Friday for Future und System Change not Climate Change. Dementsprechend wird in einer weiteren Vorlesung die Frage gestellt, ob der österreichische Klimabonus so etwas wie ein Einstiegsprojekt in das BGE sein könnte. Ein Online-Podium mit Beiträgen aus Katalonien, Irland und der UBI-European Initiative und eine Vorlesung über Narrative Ökonomie – mit einem weiteren Mitglied des Care-Teams, Gudrun Kaufmann – beschließen den Bogen.

Die Ringvorlesung findet jeweils mittwochs von 18:30 bis 20:00 Uhr im HS III NIG der Universität Wien statt. Detaillierte Informationen zum Programm finden Sie hier.

FRIBIS-Team “Basisgeld”: Präsentation des Basisgeld-Konzepts im Bundestag und Klimaprämien-Vorschlag

Zwei Mitglieder des FRIBIS-Teams “Basisgeld” haben sich vor Kurzem öffentlichkeitswirksam in die Debatte um direkte Transferzahlungen eingebracht: Am 17. Oktober 2024 erläuterte Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Bundestagsabgeordneter und FRIBIS Basisgeld-Teammitglied, das von Teamleiter Prof. Alexander Spermann entwickelte Basisgeld-Konzept im deutschen Bundestag:

Darüber hinaus stellt Dr. Stefan Bach, wissenschaftlicher Mitarbeiter des DIW Berlin und Basisgeld-Teammitglied, in einem aktuellen Audio-Interview Vorschläge zur Umsetzung einer Pro-Kopf-Klimaprämie vor, die auch im DIW-Wochenbericht nachzulesen sind. Bach schlägt eine jährliche Klimaprämie von 124 Euro vor, die ab 2026 unbürokratisch über die Steuer-ID ausgezahlt werden könnte. Ein besonderes Merkmal seines Konzepts: Die Prämie soll bei höheren Einkommen über das Steuersystem wieder abgeschmolzen werden, wodurch zusätzliche Mittel für die gezielte Unterstützung einkommensschwacher Haushalte zur Verfügung stünden.

Dr. Stefan Bach

FRIBIS-Team XUBI berichtet: Wichtiger Etappensieg für “Hamburg testet Grundeinkommen”

Die Initiative “Hamburg testet Grundeinkommen” hat einen bedeutenden Meilenstein erreicht: Am 1. Oktober 2024 wurden 95.842 Unterschriften beim Hamburger Senat eingereicht – deutlich mehr als die erforderliche Anzahl (65.000 Unterschriften) für den ersten staatlich finanzierten Grundeinkommens-Modellversuch in Deutschland.

Wissenschaftlich begleiteter Modellversuch geplant

Der geplante dreijährige Modellversuch sieht vor, 2.000 Menschen in Hamburg ein Grundeinkommen zu gewähren. Die Teilnehmenden sollen aus repräsentativ ausgewählten Straßenzügen stammen, um die Gesamtbevölkerung möglichst gut abzubilden. Im Fokus der wissenschaftlichen Begleitung stehen die Auswirkungen auf Arbeit, soziale Beziehungen und Familienleben.

Nächste Schritte zur Umsetzung

Nach der sechswöchigen Prüfungsfrist durch die Wahlleitung könnte parallel zur Bundestagswahl am 25. September 2025 ein Volksentscheid stattfinden. Dies entspricht dem Wunsch der Bevölkerung: Eine DIW-Studie von 2019 zeigt, dass etwa 70 Prozent der Menschen in Deutschland Grundeinkommens-Pilotprojekte befürworten.

FRIBIS als wissenschaftlicher Partner

Das FRIBIS unterstützt die Expedition Grundeinkommen mit seinem Team XUBI, das sich speziell der wissenschaftlichen Begleitung von Grundeinkommens-Modellversuchen widmet. Das interdisziplinäre Team berät bei Finanzierungsfragen, der methodischen Gestaltung der Studie sowie der systematischen Erhebung und Auswertung der Forschungsdaten. Durch die Vernetzung mit internationalen Expert:innen aus Sozialwissenschaft, Ökonomie und weiteren relevanten Disziplinen stellt FRIBIS sicher, dass der Hamburger Modellversuch nach höchsten wissenschaftlichen Standards durchgeführt und evaluiert wird.

Neubesetzungen im XUBI-Team

Im XUBI-Team gab es zum Jahresbeginn 2024 wichtige personelle Veränderungen: Dr. Lisa Reuter, die bisherige Team-Koordinatorin, hat das Team verlassen. Verstärkt wird die wissenschaftliche Arbeit nun durch drei renommierte Forschende, die bereits seit 2023 in die wissenschaftlichen Aktivitäten des Teams eingebunden waren: Prof. Dr. Hanna Schwander, Inhaberin des Lehrstuhls für Politische Soziologie und Sozialpolitik an der HU Berlin, Prof. Dr. Swen Hutter, Direktor des Zentrums für Zivilgesellschaftsforschung und Lichtenberg-Professor für Politische Soziologie an der FU Berlin, sowie Dr. Bastian Becker, der als Interim Chair für Vergleichende Politikwissenschaft an der HU Berlin tätig ist.

Aktueller TV-Beitrag des NDR zur Hamburger Grundeinkommensinitiative (02.10.24)

Neuerscheinung des FRIBIS: „Care & Gender – Potentials & Risks of Universal Basic Income (UBI)“

Das FRIBIS hat den fünften Band seiner Schriftenreihe veröffentlicht. Unter dem Titel Care & Gender – Potentials & Risks of Universal Basic Income (UBI) versammelt der von Bernhard Neumärker und Jessica Schulz herausgegebene Band ausgewählte Beiträge der FRIBIS-Jahrestagung 2023.

Abstract:

Die dritte Jahrestagung des FRIBIS im Oktober 2023 konzentrierte sich auf zwei Themen, die in der Grundeinkommensdebatte bislang unterrepräsentiert waren: Care (Sorgearbeit) und Gender. Die Wahl dieser Schwerpunkte unterstreicht die Notwendigkeit, das Grundeinkommen aus einer intersektionalen feministischen Perspektive zu betrachten, insbesondere im Hinblick auf Sorgearbeit, Care-Ökonomie und geschlechtsspezifische Arbeitsteilung. Die Jahrestagung wurde von den beiden internationalen FRIBIS-Teams care und UBI and Gender organisiert. Parallele Sitzungen anderer FRIBIS-Teams und -Mitglieder sowie externer Forschender und Vertreter:innnen verschiedener Disziplinen und Fachgebiete vervollständigten das Programm. Eine Auswahl der Beiträge finden Sie im vorliegenden Band.

Der Band Care & Gender – Potentials & Risks of Universal Basic Income (UBI) ist ab sofort beim LIT Verlag sowohl als gedruckte Ausgabe als auch als E-Book erhältlich.

Jetzt registrieren für Winter School an der Universität Bath: Grundeinkommen im Globalen Süden (4.-6. November 2024)

UBI Bath und die Universität Bath (Großbritannien) veranstalten in Zusammenarbeit mit FRIBIS und der Universität Freiburg vom 4. bis 6. November 2024 eine Winter School zum Thema “Basic Income in the Context(s) of the Global South: Ideas, Challenges, and Debates”.
 
Die Winter School bietet Einblicke in Grundeinkommens-Projekte im Globalen Süden. Teilnehmende lernen die besonderen Umstände, Schwierigkeiten und Resultate von Pilotprojekten und Experimenten in diesen Ländern kennen. Auch ähnliche politische Ansätze und Initiativen werden vorgestellt. Ein Schwerpunkt liegt auf den politischen und ethischen Fragen, die in den Debatten um das Grundeinkommen in diesen Regionen aufkommen. Dabei geht es unter anderem um soziale Rechte, Gerechtigkeit und die Frage, wie stark der Staat eingreifen sollte.
 
Anhand verschiedener Fallstudien soll ein kritisches Verständnis für das Potenzial und die Grenzen des Grundeinkommens als Instrument für soziale und wirtschaftliche Transformation in sogenannten “Entwicklungsländern” geschaffen werden. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Zusammenspiel von bedingten Geldtransfers und Grundeinkommensideen gewidmet, das seit den frühen 2000er Jahren zu beobachten ist.

BIEN präsentiert das neue Projekt UBIdata: “Data for Basic Income Research and Policy”

Auf dem jüngsten BIEN-Kongress, der vom 29. bis 31. August an der Universität Bath stattfand, wurde mit dem Projekt UBIdata ein innovatives Werkzeug zur Förderung der Grundeinkommensforschung vorgestellt. Ziel des Projekts ist es, einem schnell wachsenden globalen Publikum verlässliche Informationen über das Grundeinkommen bereitzustellen. Wenn Sie einen umfassenden Einblick in das Projekt gewinnen möchten, laden wir Sie herzlich zur bevorstehenden FRIBIS-Jahrestagung vom 7. bis 9. Oktober ein. Dort wird Jurgen De Wispelaere, Mitglied der FRIBIS-Teams UBI-XT und UBIMar, UBIdata ausführlich vorstellen.

Mehr erfahren auf UBIdata.io

UBIdata sammelt, verarbeitet und präsentiert Daten zu Grundeinkommens-Pilotprojekten und Experimenten, Umfragen und Mikrosimulationen, politischen und medialen Debatten sowie zur Entwicklung von Basisorganisationen und Netzwerken. Sobald UBIdata fertiggestellt ist, wird es verschiedene Schnittstellen und Werkzeuge bieten, mit denen das interessierte Publikum die verfügbaren Informationen entsprechend ihren vielfältigen Bedürfnissen und Anforderungen nutzen kann.

Das ambitionierte Projekt befindet sich gegenwärtig noch in der Testphase des Prototyps. Die aktuelle Beta-Version konzentriert sich auf die Sammlung und Verbreitung wichtiger Daten einer kleinen Auswahl von Pilotprojekten und Experimenten in sechs Ländern. In der Anfangsphase ist es das Ziel, den Nutzen und die Benutzererfahrung des Projekts im kleinen Maßstab zu demonstrieren und zu testen.

Sie können sich beteiligen und uns unterstützen, indem Sie UBIdata in Ihren Netzwerken bekannt machen, das Tool selbst ausprobieren und uns Rückmeldungen an contact@ubidata.io senden. Ihr Input und Ihre Vorschläge sind entscheidend, um UBIdata zu einem nützlichen Werkzeug für alle zu machen, die an der Idee des Grundeinkommens interessiert sind.“

UBIdata team

 

Forschung und Aktivismus im Dialog: FRIBIS bei der Jubiläumsfeier des Netzwerks Grundeinkommen im Juli 2024

Am 6. Juli 2024 feierte das Netzwerk Grundeinkommen sein 20-jähriges Bestehen im Leipziger Budde-Haus mit einer Reihe von Vorträgen, Diskussionen und Panels. Die Veranstaltung, bei der je nach Programmpunkt etwa 60-70 Personen anwesend waren, brachte verschiedene Generationen von Wissenschaftler:innen, Aktivist:innen und interessierten Bürger:innen zusammen und bot eine Kombination aus Vorträgen, Gesprächen, Vernetzung und Festivitäten. Dr. Verena Löffler, Franziska Leopold und Tobias Dumschat, die am FRIBIS in unterschiedlichen Teams forschen, trugen als Panel-Teilnehmende zur Veranstaltung bei.

Grundeinkommen und Pflege

Tobias Dumschat (Koordinator des FRIBIS-Teams care), Doktorand am FRIBIS, beteiligte sich an der Diskussion zum Thema „Arbeit – Care – Grundeinkommen“, die von 14:15 bis 16:00 Uhr stattfand. Er präsentierte aktuelle Forschungsergebnisse aus seiner qualitativen Studie zur Frage, ob pflegende Angehörige ein Grundeinkommen brauchen. Seine Untersuchung nimmt nicht-verrentete pflegende Angehörige in den Blick, die sich um altersbedingt pflegebedürftige Personen kümmern. Tobias Dumschat stellte seine Ergebnisse zur Debatte, wie ein Grundeinkommen die Handlungsmöglichkeiten dieser Gruppe verändern könnte und stellte die subjektiven Einschätzungen der Betroffenen vor.

Seine Erfahrung als Vortragender im Rahmen der Jubiläumsfeier fasst er wie folgt zusammen:

Tobias Dumschat
Mit großer Freude habe ich meine noch unveröffentlichten Forschungsergebnisse bei der 20-Jahresfeier des Netzwerks Grundeinkommen vorgestellt. Nach langen Monaten der Einsamkeit war es nun an der Zeit, die Ergebnisse zu kommunizieren. Umso erfreulicher war es, dies mit einem so interessierten Publikum tun zu können. Die Diskussion mit Margit Appel, Barbara Prainsack und Elfriede Harth sowie die Anmerkungen des Publikums haben mich sehr inspiriert. Anschließend teilten wir uns in kleinere Gruppen auf, sodass Interessierte nochmal im Detail auf Grundlage der Forschungsergebnisse diskutieren konnten. Aus dieser Gesprächsrunde nehme ich viele Anregungen mit, die ich für die Fertigstellung meiner Forschungsarbeit berücksichtigen kann. Insgesamt war es ein hervorragender Tag und ein spannendes Panel.

Wohnungslosigkeit und Grundeinkommen

Dr. Verena Löffler (Mitglied des FRIBIS-Teams care), präsentierte von 16:15 bis 17:15 Uhr Forschungsergebnisse zum Thema „Wohnungslosigkeit und Grundeinkommen“. In ihrem Vortrag ging sie der Frage nach, ob ein Grundeinkommen die die Lebenssituation der am wenigsten Begünstigten verbessert. Sie stellte Ergebnisse aus verschiedenen Projekten vor, die darauf hindeuten, dass ein Bedingungsloses Grundeinkommen als präventive Maßnahme gegen Wohnungslosigkeit wirken könnte. Verena Löffler erlebte die an ihren Vortrag anschließende Diskussion als „sehr produktiv“:

Vor allem habe ich mich gefreut, dass die von mir aus der Theorie abgeleiteten Schlussfolgerungen von Praktizierenden in der Wohnungslosenhilfe bekräftigt wurden. Einen Knackpunkt in der Debatte identifizierte Sandy Feldbacher vom Straßenmagazin KIPPE. Feldbacher wies auf die Problematik der Zugänglichkeit des aktuellen Sozialsystems für Zuwandernde aus der EU hin und fragte, ob sich dies mit einem Grundeinkommen ändern würde. Damit legte sie meiner Meinung nach den Finger in die Wunde einiger Grundeinkommensbefürworter, da die Kalkulation zur Finanzierbarkeit eines BGE vom DIW beispielswiese auf der Annahme basiert, dass die aktuellen Beschränkungen beibehalten werden. Auf der Veranstaltung versicherten einige Anwesende, dass die von Ihnen beworbene Grundeinkommensversion alle Bewohner eines Gebiets umfassen würde, unabhängig davon ob diese sich legal oder illegal dort aufhielten. Ein weiterer interessanter Aspekt der Diskussion kam auf, als aus dem Publikum die Frage gestellt wurde, warum diejenigen, die vermutlich am meisten von einem Grundeinkommen profitieren, oft dagegen seien. Der ehemals von Wohnungslosigkeit betroffene Chriss sagte daraufhin, dass ein gewisses Misstrauen gegenüber der Bedingungslosigkeit der Zahlung bestünde. Die Idee, dass Geld ohne Gegenleistung ausgezahlt würde, sei für viele wohnungslose Menschen nur schwer vorstellbar. Normalerweise müssten sich wohnungslose Personen für Geld immer „nackig machen“, schlimmstenfalls im wörtlichen Sinne, mindestens jedoch im übertragenen gegenüber den Behörden.

Dr. Verena Löffler
Verena Löffler im Gespräch mit Chriss (Wohnungslosenaktivist)

Öffentliche Meinung zum Grundeinkommen und NGO-Strategien

Franziska Leopold (Koordinatorin des FRIBIS-Team MUBINGO), wissenschaftliche Mitarbeiterin am FRIBIS, präsentierte von 17:30 bis 18:15 Uhr ihre Studie zum Thema „Zustimmung und Positionierungen zum Grundeinkommen – Hinweise für erfolgreiche Strategien von NGOs“. Ihre Forschung befasst sich nicht nur mit der öffentlichen Meinung zum Grundeinkommen, sondern auch mit den Herausforderungen von Ehrenamtlichen innerhalb der deutschsprachigen Grundeinkommensbewegung, die sich um effektive Strategien bemühen, die Zustimmung zum Grundeinkommen zu erhöhen. In ihrem Vortrag stellte sie die Ergebnisse ihrer Analyse vor, die verschiedene demographische Gruppen untersucht und Faktoren identifiziert, die die Zustimmung zum Grundeinkommen beeinflussen.

Wie Franziska Leopold berichtet, wurde ihr Vortrag sehr gut aufgenommen. Einige Teilnehmende hätten sich im Anschluss an den Vortrag erkundigt, ob die Informationen bereits öffentlich seien. Besonders interessiert seien die Zuhörenden an der Frage gewesen, wie ein Grundeinkommen geframt werden könnte, um die öffentliche Akzeptanz zu erhöhen. Ihre Forschungsergebnisse hätten die Arbeit der NGOs bestärkt, indem sie gezeigt hätten, dass das Wissen in der Gesamtbevölkerung über das Grundeinkommen noch eher gering sei:

 

Was mir für den wissenschaftlichen Diskurs deutlich wurde: es ist wichtig, dass man Ergebnisse nochmal auf deutsch kurz und knapp aufbereitet bzw. den NGOs zur Verfügung stellt, um den gesellschaftlichen Austausch zu fördern. Zum Nachdenken regte die Aktivist:innen meiner Meinung nach insbesondere an, dass diejenigen, die am stärksten vom Grundeinkommen profitieren würden (Menschen mit geringem Einkommen sowie Frauen), am wenigsten aktiv sind, was sich mit den Erfahrungen der Aktivist:innen allgemein deckte. Zudem sind vor allem jüngere Menschen tendenziell eher weniger aktiv. Ich hatte den Eindruck, dass einige der Aktivist:innen meine Vorschläge, diese möglicherweise besser zu erreichen (mehr einmalige, weniger formale und breite Aktivitäten anbieten, vielleicht über Wettbewerbe/Kunst, Zusammenarbeit mit der Umweltszene etc.), zumindest gedanklich Anklang fanden.

Die Perspektive des Netzwerks Grundeinkommen auf die Zusammenarbeit von Aktivismus und Wissenschaft

Wir haben Ronald Blaschke, Mitbegründer und langjähriges Mitglied des Netzwerks Grundeinkommen, gefragt, welche Rolle aus seiner Sicht die Zusammenarbeit von Forschung und Aktivismus für die zukünftige Entwicklung der Grundeinkommensbewegung spielt und welche Erfolge die aktivistische Arbeit der letzten 20 Jahre für sich beanspruchen kann. Ronald Blaschke ist seit 30 Jahren in sozialen Bewegungen aktiv, davon 20 Jahre in der Grundeinkommensbewegung. Er hat zum Grundeinkommen publiziert, Lehraufträge wahrgenommen und sowohl beruflich im Deutschen Bundestag als auch ehrenamtlich im Netzwerk Grundeinkommen mit Wissenschaftler:innen und wissenschaftlichen Institutionen zusammengearbeitet.

Ronald Blaschke
Wissenschaft und soziale Bewegung können sich gegenseitig befruchten: Wissenschaft kann lernen, was die für die sozialen Bewegungen relevanten Themen, Fragen und Antworten sind. Soziale Bewegungen können eigene Themen und Antworten kritisch prüfen, wissenschaftsbasiert untersetzen. Der dialogische Austausch zum Grundeinkommen und zu angrenzenden Themen ist wichtig. Der erfolgt zu wenig, muss gefördert und verstetigt werden.

Fehlende Übersicht über Wissen zum Grundeinkommen? 

Ein Problem sieht er jedoch in der Wahrnehmung des bereits vorhandenen Wissens in der Grundeinkommensbewegung durch Forschende:

Margit Appel, Barbara Prainsack, Ronald Blaschke
Leider musste ich auch feststellen, dass einige Wissenschaftler:innen nicht wahrnehmen, was in der Grundeinkommensbewegung bereits für ein Wissen angehäuft worden ist. So stellten z. B. renommierte, grundeinkommensaffine Wissenschaftler:innen in einer jüngeren Publikation rund 50 Fragen zum Grundeinkommen, die angeblich beantwortet werden müssten. Zwei, drei Blicke in Publikationen der Grundeinkommensszene geworfen, hätten erfasst, dass die Antworten zum großen Teil schon längst gegeben waren. Daran hätten diese Wissenschaftler:innen, gern auch kritisch, anknüpfen können. Ein Ärgernis.

Hinweis der Redaktion: Das Netzwerk Grundeinkommen hat kürzlich eine umfassende Literaturliste zum Thema Grundeinkommen veröffentlicht. Diese Liste umfasst über 1.300 Titel deutschsprachiger Werke zum Grundeinkommen und stellt damit die bisher umfangreichste Übersicht in diesem Bereich dar. Die Liste ist öffentlich zugänglich und wird von der AG Literatur des Netzwerks Grundeinkommen laufend aktualisiert.

Kommunikation zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit

Blaschke betonte auch die Notwendigkeit einer verbesserten Kommunikation zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit:

Eröffnung der Feier
Wenn Wissenschaft Wissen verbreiten und öffentlich diskutieren will, muss sie in der Lage sein, mindestens zwei „Sprachen“ zu sprechen: eine innerwissenschaftliche, auch weltweit verständliche, also in der Regel englische, Fachsprache. Sie muss ebenso in einer „Alltags“sprache und in jeweiliger Landessprache vortragen, publizieren und diskutieren. Das gilt auch für die Grundeinkommensforschung. Sonst verschenkt sie Potentiale. Luther hat die Bibel übersetzt – das war eine Revolution.

Fazit

Die Jubiläumsfeier unterstrich, dass der kontinuierliche Dialog zwischen Forschung und Aktivismus enorm wichtig ist, um die Grundeinkommensidee beständig weiterzuentwickeln. Darüber hinaus bezeugte die Veranstaltung einmal mehr die Notwendigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse allgemeinverständlich zu vermitteln, um eine breite gesellschaftliche Debatte über das Grundeinkommen anzuregen.

 

Jetzt auf YouTube: Bernhard Neumärker spricht über Grundeinkommen und Steuerpolitik in Radio Sol (Juli 2024)

FRIBIS-Direktor Prof. Dr. Bernhard Neumärker war im Juli 2024 zu Gast in der Sendung „Das liebe Geld“ auf Radio Sol. Im Gespräch mit Ilse Pforr und Gerhard Pellegrini bezog er Stellung zum Thema Grundeinkommen und Steuerpolitik.

Prof. Neumärker plädierte für einen Paradigmenwechsel in Arbeitswelt und Steuersystem. Er erläuterte, wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen Menschen befähigen könnte, sich vermehrt sinnstiftenden Tätigkeiten zu widmen. Zudem betonte er die Dringlichkeit einer Vereinfachung des bestehenden Steuersystems. So bemängelte dessen aktuelle Komplexität und sprach sich für transparentere, schlankere Modelle aus. Steuersysteme müssten grundlegend an zeitgemäße Bedürfnisse und Realitäten angepasst werden.

Prof. Neumärker erläuterte die Verbindung zwischen Grundeinkommen und neuen Steuermodellen, insbesondere im Kontext der Konsumbesteuerung. Die Forschungsergebnisse des FRIBIS offenbaren hier Unerwartetes: Entgegen gängiger ökonomischer Theorien würde die Finanzierung eines Grundeinkommens über die Mehrwertsteuer das Steueraufkommen nicht mindern, sondern steigern. Neumärker argumentierte, dass herkömmliche Wirtschaftsmodelle die positiven Effekte eines Grundeinkommens unterschätzen, da sie auf überholten Annahmen basieren.

 

 

Das FRIBIS sucht eine studentische Hilfskraft

Das FRIBIS sucht eine studentische Hilfskraft zur Unterstützung bei der Forschung mit wirtschaftswissenschaftlichen Experimenten

Freiburg Institute for Basic Income Studies (FRIBIS) at the Faculty of Economics and Behavioural Sciences Faculty is looking for a Bachelor or Master Student Assistant to support the department and PhD students on the preparation and execution ofeconomic lab experiments on the theme of basic income and social contracting.

We are ideally looking for someone who is able to work in the position for at least 6 months, preferably longer.

Responsibilities:

  • Coding economic lab experiments in Z-Tree (and possibly other software such as Lioness). Z-Tree is a widely used software package created for developing and executing economic laboratory experiments. You can find more information on ZTree here: https://www.ztree.uzh.ch/en.html
  • Assisting in the planning, organization, and conduction of experimental sessions including recruiting participants, online marketing, and data bank administration
  • Problem-solving and providing support to IT and technical problems
  • (Potentially) providing support in preparation of teaching material.

Your profile:

  • Good English language. German is a bonus
  • Good computer skills
  • Ability to quickly learn new software
  • Problem-solving and creating thinking
  • Independence and initiative
  • You enjoy working in an intercultural and interdisciplinary team

Desired:

  • Previous experience in coding, or with Z-Tree, O-Tree or Lioness are all desirable but not necessary. We expect that you will be able to learn on the job and become an expert on Z-Tree to support our team
  • Economics or IT student.

If you are interested in pursuing further studies or writing your thesis at the Götz Werner Chair of Economic Policy and Constitutional Economic Theory under Professor Bernhard Neumärker on themes of basic income, experimental and behavioural economics, or social contracting, this is a good opportunity to work closely with researchers on this topic. Through this role, you can develop the skills to design and execute your own experiments in the contexts of your class work or thesis.

Work Conditions:

  • From 40 up to 85 hours/month
  • Flexible working hours to fit around your classes and other commitments
  • Independent working conditions with regular check-ins and support from supervisors
  • International team
  • Position is available for 3 to 6 months, with possibility of extension.

Please send your application documents include a short, self-written motivation letter, resume, copy of your academic records and a certificate of enrollment, as well as any other relevant certificates or documents. Please include your expected date of graduation.

We will be particularly pleased to receive applications from women for the position advertised here.

Application

Please send your application in English including supporting documents mentioned above, citing the reference number 00003891, by 11.08.2024 at the latest. For further information, please click here.

Rückblick auf die Aktivist*innen-Tagung des FRIBIS zum Thema „Zukunft – Klima – Grundeinkommen“

Vom 12. bis 14. April 2024 fand in Freiburg die Aktivist*innen-Tagung des FRIBIS unter dem Titel „Zukunft – Klima – Grundeinkommen“ statt. Ziel der Tagung war es, Aktivist*innen aus den Bereichen Klimaschutz und Grundeinkommen zusammenzubringen, um voneinander zu lernen, neue Perspektiven zu eröffnen und Synergien entstehen zu lassen. Wie die Tagung verlaufen ist und welche Eindrücke und Erfahrungen die Teilnehmenden gesammelt haben, erfahren Sie im folgenden Bericht.

Auftakt und Impulsvorträge

Nach der Begrüßung durch den Direktor des FRIBIS, Bernhard Neumärker, führte Enno Schmidt, damaliger Geschäftsführer des FRIBIS, in Ablauf und Charakter der Tagung ein. Gemeinsam mit ihm begleiteten Helmo Pape (Generation Grundeinkommen Österreich) und Joy Ponader (Expedition Grundeinkommen) die Tagung während der nächsten drei Tage organisatorisch. Anschließend ging es mit Impulsvorträgen von Jana Mestmäcker (Letzte Generation), Gregor Hagedorn (Scientists for Future), Simone Herpich (Scientists for Future) und Ronald Blaschke (Netzwerk Grundeinkommen) direkt in medias res.

Gregor Hagedorn, akademischer Direktor des Museum für Naturkunde Berlin und Mitbegründer von Scientists for Future, betonte, dass Wissenschaftler*innen immer auch politisch sind – egal ob sie reden oder schweigen. Ronald Blaschke, Mitbegründer und Sprecher des deutschen Netzwerkes Grundeinkommen, stellte heraus, dass ein Grundeinkommen ohne einen intakten Planeten keine Lösung darstellt, insofern ökologische Krisen die Grundlage unseres Lebens und Wirtschaftens bedrohen. Jana Mestmäcker berichtete, wie sie sich durch ihr Engagement bei der Letzten Generation erstmals selbstbestimmt fühlte. Ihre Motivation zur Teilnahme der Tagung schildert sie folgendermaßen:

Jana Mestmäcker

Ich habe an der Tagung teilgenommen, weil ich die Kombination der unterschiedlichen Kreise – Klimaprotest und Grundeinkommen – spannend fand. Die Atmosphäre während der Tagung war in meiner Wahrnehmung angenehm und familiär. Die Gesprächskreise haben zum Austausch untereinander angeregt. Nach Tagungen wie dieser habe ich meist den Impuls, die Konsequenz aus dem Gehörten zu ziehen und störenden Protest auf die Straßen zu bringen, um aktiv auf politische Veränderung hinzuarbeiten – so war es auch diesmal. Das Grundeinkommen fand ich vorher gut und so sehe ich es immer noch. Nichts wäre meiner Meinung nach befreiender für unsere Gesellschaft. Aktuell bleibt Demokratie-leben zu häufig ein „Hobby“ derjenigen, die es sich leisten können.

Gesprächskreise und Vernetzung

In den anschließenden Gesprächskreisen hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, die durch die Vorträge angestoßenen Gedanken zu vertiefen und weiterzuentwickeln. Ein zentrales Thema war dabei die Frage nach den Verbindungen und Gemeinsamkeiten zwischen der Klima- und der Grundeinkommensbewegung. Als wesentlicher Berührungspunkt wurde herausgearbeitet, dass beide Bewegungen die Dominanz des Kapitalismus und die einseitige Fixierung auf Erwerbsarbeit kritisch hinterfragen. Anstelle eines Wirtschaftssystems, das auf kontinuierlichem Wachstum und Konsumismus basiert und mitunter sinnlose oder schädliche Arbeiten hervorbringt, streben sowohl die Grundeinkommens- als auch die Klimabewegung eine Wirtschaftsordnung an, die sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen und den Erfordernissen des Ökosystems orientiert.

Aktivismus als Lebensform

Am Freitagabend berichtete die Schweizer Fridays-for-Future-Gründerin und Jugenddelegierte Marie-Claire Graf über ihren aktivistischen Werdegang und die Motivation hinter ihrem gesellschaftlichen Engagement. Sie sprach über die Zukunftsängste der jüngeren Generation angesichts des Klimawandels und betonte die Notwendigkeit, Aktivismus nicht nur als Tätigkeit, sondern als integralen Bestandteil der eigenen Lebensform zu betrachten.

Initiativen und Projekte

Der Samstag begann mit einem Vortrag von Herbert Jauch, der sich in Namibia für eine Grundeinkommenskoalition und die Schulung von Aktivist*innen einsetzt. Jauch schilderte, wie das Pilotprojekt zum Bedingungslosen Grundeinkommen in Otjivero ab 2008 zunächst sehr positive Ergebnisse zeigte, u. a. eine Verringerung der Armut, eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation, eine höhere Schulbesuchsquote und die Belebung der lokalen Wirtschaft. Trotz dieser Erfolge kam es nach Auslaufen des Projekts nicht zu einer Fortsetzung oder Ausweitung. Stattdessen zeigten sich starke Widerstände seitens der namibischen Regierung, der Kirchen und internationaler Geldgeber wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF).

Im Anschluss an den Vortrag von Herbert Jauch stellte Rebecka Ambjörnsson das Projekt KARUNA Family vor, bei dem sich Jugendliche in einem Freiwilligen Jahr selbst entwickeln können. Susanne Wiest und Uschi Bauer erzählten die Geschichte der „Krönungswelle“ von 2012. Die „Krönungswelle“ war eine Aktion der Grundeinkommensbewegung, bei der Menschen durch das Aufsetzen von Pappkronen symbolisch zu „wahren Souveränen“ gekrönt wurden. Die Idee dahinter: Ein Grundeinkommen würde die Menschen befähigen, aufrecht und selbstbestimmt durchs Leben zu gehen.

Anschließend präsentierten Christina Strohm und Dorothee Herzog von „Mein Grundeinkommen” Zwischenergebnisse aus ihrem Projekt. Ein vorläufiger Bericht zeigte, dass Menschen, die ein Grundeinkommen erhalten, klimafreundlichem Handeln eine höhere Bedeutung beimessen. Das Grundeinkommen scheint demnach auch einen positiven Effekt auf ökologisch nachhaltiges Verhalten zu haben.

Ulrich Schachtschneider (Universal Basic Income Europe) stellte Überlegungen zu einem ökologischen Grundeinkommen vor. Er argumentierte, dass Ansätze wie der Klimageld-Bonus bereits Schritte in Richtung einer Verknüpfung von sozialer Sicherheit und ökologischer Nachhaltigkeit darstellen. Schachtschneider vertrat die These, dass ein Grundeinkommen dazu beitragen könnte, die Nachfrage nach ökologisch fragwürdigen Konsumgütern und Dienstleistungen zu reduzieren. Dadurch könnte eine Grundeinkommensreform langfristig zu einer Verkleinerung des Wirtschaftssystems führen und somit positive Auswirkungen auf die Umwelt haben.

Ziviler Ungehorsam und Widerstand

Am Samstagnachmittag traten Lina Johnson (Letzte Generation), Kali* (Ende Gelände) und Werner Rätz (Netzwerk BGE Attac) auf. Lina Johnson erzählte persönlich von ihrem Aktivismus und sprach im Rückgriff auf Theoretiker*innen (u. a. Erica Chenoweth & Gene Sharp) und historische Beispiele über die unterschätzte Kraft des zivilen, friedlichen Widerstands. Kali* präsentierte vielfältiges Videomaterial von Aktionen zivilen Ungehorsams gegen Braunkohletagebau. Der anschließende Vortrag von Werner Rätz stand den Präsentationen seiner jüngeren Mitstreiter*innen in Sachen Leidenschaft und Engagement in nichts nach.

Lina Johnson

Ich wurde als Sprecherin der Letzten Generation eingeladen an der Aktivist:innen Tagung teilzunehmen und habe mich sehr über die Einladung gefreut. Ich habe die Tagung als einen mehrtägigen, intensiven und dennoch äußerst angenehmen Ort des Wissens- und Erfahrungsaustauschs wahrgenommen mit konkreter Ausarbeitung von Umsetzungsmöglichkeiten. Besonders gefallen hat mir, die persönliche Note der Veranstaltung und die diversen Altersgruppen, die aufeinander trafen, miteinander bei vorzüglichem veganen Buffet-Häppchen schnackten und sich vernetzten. Ich habe das bedingungslose Grundeinkommen vorher schon als wichtig und sinnvoll angesehen, habe jetzt aber auch noch meinen Blick in Bezug auf den Zusammenhang mit effektiverem Klimaschutz und Absicherung von vulnerablen Gruppen in sich zuspitzenden Krisenzeiten vertiefen können. Ich finde die Idee, direkte Aktionen aus dem friedlichen zivilen Ungehorsam mit den Forderungen nach Bedingungslosem Grundeinkommen zu verbinden richtig gut und hoffe dass sich die Bewegung organisiert, verbindet und ausprobiert.

Abschluss der Tagung

Der Sonntag startete mit einer Zusammenfassung der persönlichen Eindrücke aller verbliebenen Teilnehmenden. Zum Abschluss moderierte Rebecca Panian das Format „Voll auf die 12“, bei dem zwölf geloste „Geschworene“ sich in begrenzter Zeit auf einen Lösungsvorschlag einigen mussten. Rebecca Panian hatte Enno Schmidt vorgeschlagen, dieses Format durchzuführen, um am Ende möglichst konkrete Ansätze zu haben, wie Klima- und Grundeinkommensbewegung zusammenkommen können. „Ich fand das Zusammenbringen der Klima- und der Grundeinkommens-Bewegungen grossartig!“, so Rebecca Panian. Sie lobte die Struktur der Tagung, die neben Inputvorträgen auch Raum für vertieften Austausch und Vernetzung bot: „Die Struktur der Tagung war sehr gut, weil es nicht nur einen Input-Vortrag nach dem anderen gab, sondern nach ca. 4 Inputbeiträgen gab es die Möglichkeit, sich vertieft mit der Person auszutauschen, deren Beitrag mit einem selbst am meisten resonierte.“

Die Veranstaltung habe sie nachhaltig berührt, „weil diese Zusammenführung der 2 Welten – Klima und Grundeinkommen – wirklich enorm schön und wichtig war. Vor allem auch deswegen, weil ein Grundeinkommen so viel mehr Menschen ermöglichen würde, sich für das Gemeinwohl – und den Planeten – zu engagieren!“ Aus der Tagung seien viele wertvolle Kontakte entstanden, und Rebecca ist gespannt, was daraus noch erwachsen wird. Wir haben sie gefragt, ob die Tagung ihre Sichtweise auf das Bedingungslose Grundeinkommen verändert hat: „Nein. Nur bestätigt, dass die Idee einfach wirklich der Knaller ist und ich mein Möglichstes tun will, damit es bald Realität wird – als Menschenrecht.“

Fazit

Während der gesamten Tagung herrschte eine angenehme und kollegiale Atmosphäre, zu der auch das schmackhafte vegane Catering der Sin Carne Schwarzwald GmbH beitrug. Die Struktur der Veranstaltung mit Impulsvorträgen und anschließenden Gesprächskreisen ermöglichte nicht nur eine inhaltliche Vertiefung der behandelten Themen, sondern förderte auch den Austausch und die Vernetzung zwischen den Teilnehmenden. Durchschnittlich waren etwa 70 Personen bei der Tagung anwesend, was vom großen öffentlichen Interesse für die Veranstaltung zeugt.

Insgesamt unterstrich die Tagung die Bedeutung und den Wert eines interdisziplinären und transaktivistischen Dialogs zwischen der Klimaschutz- und der Grundeinkommensbewegung. Viele Teilnehmende nahmen neue Erkenntnisse, Kontakte und Impulse für konkretes Handeln mit nach Hause. Es bleibt spannend zu verfolgen, welche weiteren Entwicklungen und Initiativen aus den entstandenen Verbindungen hervorgehen werden.