Neues Paper im „International Journal of Educational Research“ erschienen zu Auswirkungen von finanzieller und zeitlicher Knappheit auf die Motivation Studierender
Jessica Schulz, Team-Koordinatorin des FRIBIS Gender-Team (UBIG), hat gemeinsam mit Ai Miyamoto und Matthias Nückles eine neue Studie im International Journal of Educational Research veröffentlicht. Das Paper zeigt, dass finanzielle Knappheit bei Studierenden zu einem verminderten Kompetenz- und Zugehörigkeitsgefühl sowie einem verminderten akademischen Selbstkonzept führt, während Zeitknappheit besonders das Gefühl der Selbstbestimmung beeinträchtigt. Wir haben Jessica Schulz gefragt, inwiefern diese Forschungsergebnisse zum ,Scarcity Mindset’ für die Grundeinkommensforschung relevant sind und inwiefern geplant ist, sie im Kontext der Grundeinkommensforschung weiterzuverfolgen:
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Finanzielle Knappheit und Zeitknappheit hängen zunächst eng miteinander zusammen und korrelieren auch signifikant in unserer Studie. Wenn Studierende nicht genug Geld haben, weil sie beispielsweise kein Bafög bekommen, das Bafög nicht ausreicht und oder ihre Eltern sie nicht unterstützen können, müssen sie neben dem Studium arbeiten, was ihre Zeit zum Lernen und auch ihre Zeit für Regeneration und Freizeit erheblich limitiert. Knappheit ist darüber hinaus ein psychologisches Konzept, das nicht nur kognitive Ressourcen beeinträchtigt (wie viele Studien zeigen), die zum Lernen unbedingt benötigt werden, sondern darüber hinaus – das zeigen wir in unserer Studie – auch motivationale Faktoren, wie das akademische Selbstkonzept, die Selbsteffizienz, das Autonomie- und Kompetenzempfinden, sowie das Gefühl der sozialen Eingebundenheit, die ebenso wichtig für den akademischen Erfolg sind, wie kognitive Faktoren. Das psychologische Prinzip der Knappheit lenkt die Aufmerksamkeit auf die knappe Ressource und blendet andere wichtige Faktoren aus. So schildern Studierende mit finanzieller Knappheit, wie sie ständig bei Ausgaben daran denken, ob sie sich das jetzt wirklich leisten können und im Supermarkt permanent rechnen. Studierende unter Zeitknappheit kalkulieren ebenso permanent in ihrem Kopf, was sie wann machen müssen und können, wobei Regenration, Gesundheit und sportlicher Ausgleich meist zu kurz kommen. In einer Folgestudie (under review), in der wir die gleichen Studierenden nach ihren Einstellungen zum persönlichen Nutzen eines Grundeinkommensr fragten, konnten wir einen Zusammenhang zwischen finanzieller und Zeitknappheit und impliziten Einstellungen zum Bedingungslosen Grundeinkommen feststellen. Studierende, die Knappheit erfahren, schilderten signifikant öfter, wie ein Grundeinkommen ihnen die mentale Belastung nehmen würde, die durch finanzielle Knappheit und Zeitknappheit ausgelöst wird.
Darüber hinaus stellten wir fest, dass weibliche Studierende mehr von diesem Zusammenhang zwischen Knappheit und Mental Load betroffen waren als männliche Studierende. In einer Folgestudie wollen wir uns diese Geschlechtsunterschiede unter dem Begriff der Gender Scarcity Gap, genauer anschauen. Dazu wird bereits gemeinsam im FRIBIS Gender Team viel diskutiert und reflektiert.