WEF-FABI Online Seminar Series: Ubuntu, Social Contracts, UBI, WEF-Nexus, Social Protection, and Empirical Research

Zusammen mit der UNAM veranstaltet das WEF_FABI Team eine Seminarreihe (online) über UBUNTU, Sozialverträge, Grundeinkommen, Wasser-Energie-Nahrung-Nexus, soziale Absicherung und empirische Forschung. Los geht es ab dem 21.03.2024. Mit verschiedenen Gästen wird die Reihe einen Pfad der Verbindungen und Unterschiede zwischen diesen Themen schaffen und fragen, wie ihre Elemente zusammenpassen. Wir möchten untersuchen, wie Ubuntu in sozialen Experimenten verwendet werden kann. Schließlich wollen wir die Workshop-Ergebnisse in gemeinsame Arbeiten (z. B. gemeinsamen Aufsätze oder Feldstudien) integriert.

“”Ubuntu” is a bond of unity amongst the people of Africa” (Asike 2016, S. 7). In diesem Sinne ist Ubuntu eine Philosophie, die Normen und Regeln rechtfertigt. Das hat Sie mit der Sozialvertragstheorie gemeinsam. In unserer Reihe werden wir verschiedenen Fragen folgen, die diese beiden Denktraditionen verbinden: Was sind die Hauptpositionen in diesen philosophischen Traditionen? Was sind die Ähnlichkeiten/Unterschiede zwischen Ubuntu und der Sozialvertragstheorie? Wie können die gemeinsamen Merkmale der beiden verbunden werden? Wir werden dann philosophische Erkenntnisse über die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens aufgreifen und die verschiedenen Stränge weiter mit möglichen Auswirkungen auf sozialpolitische Interaktionen verknüpfen. Wir betrachten die Abwägungen zwischen verschiedenen Maßnahmen der sozialen Sicherung und schärfen unser Bewusstsein für den Nexus aus Wasser, Energie und Nahrung. Schließlich werden wir sehen, wie wir empirische Methoden zur normativen Rechtfertigung von Politiken verwenden und dazu beitragen können, Abwägungen zu lösen.

Wenn Sie an einem Workshop interessiert sind, sehen Sie sich die Termine unten an und melden Sie sich über das Anmeldeformular auf der Workshop-Veranstaltungsseite an. Die Teilnahme an den Präsentationen ist ohne Anmeldung möglich. Sie können dazu den in der Veranstaltung angegebenen Zoom-Link verwenden.

Programm

Alle Veranstaltungen finden von 14:00 – 16:00 Uhr (CAT) statt.

Präsentationen

21/03/2024       I’m Because We’re: Understanding the African Ubuntu Philosophy
Robert Senath Esuruku (University of Makerere, Kampala)

28/03/2024       Social Contract
Bernhard Neumärker (University of Freiburg)

04/04/2024       Universal Basic Income
Jurgen De Wispelaere (University of Bath)

11/04/2024       Water-Energy-Food Nexus
Mike Jacobson (Penn State University)

18/04/2024       Social Protection
Leo de Haan (International School of Social Studies, The Hague)
AF Kamanzi (University of Namibia)

25/04/2024       Empirical Normative Research
Tobias Jäger (University of Freiburg)

Workshops

02/05/2024       Debating Connections: Bringing the Different Ideas Together

09/05/2024       Different Philosophical Traditions: What Can We Learn for Social Policy?

Publikation von zwei Policy Papers zu empirischen Methoden in der Grundeinkommensforschung

Das FRIBIS freut sich, die Veröffentlichung zweier Policy Paper bekannt geben zu können, die aus den Diskussionen und Erkenntnissen des zweiten Teils der FRIBIS Summer School 2023, „Empirical methods of UBI investigation“, hervorgegangen sind. Die Veranstaltung fand zwischen 11. und 14. April 2023 unter Leitung von Prof. Bernhard Neumärker, dem FRIBIS-Team SoCoBisTeam und der Koordinatorin des Teams, Lida Kuang, statt. 

Does voluntary social cooperation promote liberal egalitarian justice?

Das erste Policy Paper von Hedvig Mendonca, Lida Kuang, Simon März und Larissa Walter geht der Frage nach, wie freiwillige soziale Kooperation liberal-egalitäre Gerechtigkeit fördern kann. Ausgehend von sozialvertraglichen Annahmen wird experimentell untersucht, inwiefern freiwillige soziale Kooperation einen Einfluss darauf hat, ob sich Personen für ein liberal-egalitäres Wiedergutmachungsprinzip entscheiden. Im Rahmen eines Ballonspiels, bei dem Teilnehmer entscheiden müssen, wie sie die gemeinsam erzielten Punkte aufteilen, zeigt sich die Relevanz der Zusammenarbeit für die Förderung gerechter Verteilungsentscheidungen.

Distributional Decision-Making of Disadvantaged Individuals – A Proposal for an Experimental Extension

Das zweite Paper, verfasst von Patrick Oschwald, Eva Jacob, Adalbertus Kamanzi und Gudrun Kaufmann, widmet sich der Frage, welche Rolle die gesellschaftliche Stellung von Menschen für ihre Entscheidungsfindung in Hinblick auf Ressourcenallokation bzw. politische Umverteilungsmaßnahmen spielt. Durch die Analyse psychologischer Grundlagen der Entscheidungsfindung – etwa der Präferenzen für Umverteilung aufgrund ökonomischer Benachteiligung und dem Streben nach Gerechtigkeit innerhalb der eigenen sozialen Schicht – liefert das Paper praxisorientierte Empfehlungen, um politische Maßnahmen inklusiver und rechter zu gestalten.

PDF Distributional Decision-Making of Disadvantaged Individuals – A Proposal for an Experimental Extension

Vortrag von Otto Lehto (NYU), 7. März 2024: „Universal Basic Income (UBI) as a tool of adaptation and discovery“

Otto Lehto, der Freiburg als Gastwissenschaftler der Götz Werner Professur für Wirtschaftspolitik und Ordnungstheorie im November und Dezember 2021 besucht hat und assoziierter Nachwuchswissenschaftler am FRIBIS ist, wird am 7. März 2024 einen Vortrag zum Grundeinkommen „als Werkzeug der Anpassung und Entdeckung“ an der London School of Economics halten.

Die englischsprachige Veranstaltung findet online statt und ist öffentlich.

 

Zum Vortrag

Many of its proponents argue that UBI gives recipients “real freedom” (Van Parijs), consumer sovereignty (Friedman, Hayek), or increased protection against domination and exploitation in the labour market (Pettit, Standing, Widerquist). At the same time, many critics worry about the costs of the program. Assuming that UBI indeed has freedom-increasing properties, and that it can be implemented in a fiscally sound manner, how attractive a proposal (if at all) is UBI as “real freedom”? Issues of justice, fairness, and efficiency must all play a part in the debate. However, my talk argues that the best case for UBI-as-freedom lies in its capacity to act as a tool of adaptation in the face of radical uncertainty, social complexity, and emerging crises (like pandemics and A.I.). The increased autonomy that UBI gives to people may facilitate more creative and decentralized ways of solving problems. If the incentives are properly aligned, the decentralized actions of free and autonomous citizenry will lead to more innovations and more productive uses of resources. This benefits society on the whole. Of course, without sufficient safeguards, UBI-as-freedom may lead to various undesirable social outcomes, including a host of antisocial, unproductive, and destructive behaviours and attitudes. This means that UBI should be integrated into a broader institutional perspective that interferes minimally with the real freedom of the citizens but indirectly guides people’s actions towards the public good.

Zur Person

Dr. Otto Lehto is a philosopher and political economist whose current work focuses on PPE, complexity theory, evolutionary theory, political philosophy, ethics, basic income, social epistemology, human enhancement, and naturalism. He is currently a postdoctoral research fellow at NYU School of Law (2022-) and an affiliated Junior Researcher at University of Freiburg’s FRIBIS Institute (2021-). He gained his PhD in Political Economy from King’s College London (2022) on the topic of Complex Adaptation and Permissionless Innovation: An Evolutionary Approach to Universal Basic Income. He also has a BA in English Philology (2009) and a Master’s Degree in Social and Moral Philosophy (2015) from University of Helsinki. He is the recipient of the Arts and Humanities Research Council (AHRC) LAHP studentship (2017-2019), Adam Smith Fellowship at George Mason University (2019-2020), and a Templeton Foundation Grant at King’s College London (2020). He is currently writing a book about basic income, innovation, and freedom. His website is www.ottolehto.com.

Thomas Straubhaars Vortrag jetzt auf YouTube: „Die 3-E des Bedingungslosen Grundeinkommens aus ökonomischer Sicht: einfach, effektiv und effizient”

Am 11. Januar 2024 kam Prof. em. Dr. Thomas Straubhaar, einer der führenden Befürwortenden des Grundeinkommens im deutschsprachigen Raum, auf Einladung des FRIBIS nach Freiburg, um einen Abendvortrag zu halten. Der Vortrag gewährt Einblicke in Prof. Straubhaars Verhältnis zu Freiburg sowie die persönlichen Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse, die ihn zum Grundeinkommensbefürworter gemacht haben.

Prof. Straubhaars Verbindung zu Freiburg

Wie Prof. Straubhaar in seinem Vortrag erläutert, ist Freiburg ein Ort, der in seiner akademischen Karriere immer wieder eine bedeutende Rolle spielte. Bereits in jungen Jahren hatte er als Hilfsassistent die Gelegenheit, Druckfahnen der Werke Alfred Müller-Armacks zu prüfen, die beim Freiburger Rombach-Verlag veröffentlicht wurden. Müller-Armacks Vision einer sozialen Marktwirtschaft, die eine harmonische Balance zwischen marktwirtschaftlicher Effizienz und sozialer Gerechtigkeit anstrebt, habe seine wirtschaftlichen Überzeugungen nachhaltig geprägt.

Darüber hinaus prägte die Zeit als Vertretungsprofessor am Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik in Freiburg in den Jahren 1991/92 ihn auf einer sehr persönlichen Ebene. Die Erfahrung, dass Abzüge für Sozialversicherungen einen signifikanten Teil seines Bruttogehalts schmälerten, verdeutlichte Prof. Straubhaar die finanzielle Belastung durch das Sozialversicherungssystem. Diese persönliche Konfrontation mit den Kosten, die Arbeitnehmende tragen müssen, ohne direkte Vorteile zu spüren, ließ ihn intensiv über alternative Formen sozialer Absicherung nachdenken und verstärkte sein Interesse am Konzept des Grundeinkommens.

Die Bedeutung des Bedingungslosen Grundeinkommens

In seinem Vortrag erläutert Prof. Straubhaar, warum das bedingungslose Grundeinkommen aus seiner Sicht nicht nur eine innovative Antwort auf aktuelle sozioökonomische Herausforderungen ist, sondern auch die logische Folge der ordoliberalen Prinzipien, wie sie die Freiburger Schule der Ökonomik vertritt. Er argumentiert dafür, dass ein Grundeinkommen die ideale Verbindung zwischen individueller Freiheit und sozialer Sicherheit herstellen kann, indem es jedem Bürger ein finanzielles Sicherheitsnetz bietet, ohne dabei die Dynamik des Marktes zu behindern.

 

Pro vs. Contra: Bernhard Neumärker und Giacomo Corneo auf utopia.de zum Bedingungslosen Grundeinkommen

In einem Artikel vom 30. Januar 2024 präsentierte Utopia.de – eine Plattform, die sich die Förderung nachhaltiger Lebensweisen zum Ziel setzt – zwei konträre Positionen zum Grundeinkommen. Die Ökonomen Bernhard Neumärker, Direktor des FRIBIS, und Giacomo Corneo, Professor für öffentliche Finanzen an der Freien Universität Berlin, brachten dafür ihre Argumente in Stellung. Bei allen Unterschieden sind sich beide darin einig, dass das bestehende Sozialsystem einer Reform bedarf.

Bernhard Neumärker zum Potenzial des Grundeinkommens

Bernhard Neumärker vertritt die Ansicht, dass das BGE weit mehr als nur eine Antwort auf die „Lohnsklaverei“ sei; er sieht darin einen Katalysator für eine gerechtere und produktivere Wirtschaft. Durch das BGE erhalten Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor eine „Exit-Option“, was zu faireren Löhnen führen und die Gesellschaft insgesamt produktiver machen könnte, da Menschen die Freiheit hätten, Arbeiten zu wählen, die ihren Neigungen entsprechen. Neumärker argumentiert, dass das BGE die Bürokratie verringern, die individuelle Freiheit erhöhen und den Menschen ermöglichen würde, moralisch fragwürdige oder ausbeuterische Jobs abzulehnen. Er betont auch, dass ein BGE in Krisenzeiten flexibler und zielgerichteter als bedarfsorientierte Systeme wie Hartz IV reagieren könnte und hebt positive Effekte auf die mentale Gesundheit basierend auf Experimenten, etwa in Finnland, hervor.

Grundeinkommensskeptiker Giacomo Corneo

Im Gegensatz dazu steht Giacomo Corneo einer Einführung des Grundeinkommens kritisch gegenüber. Er argumentiert, dass ein BGE die Gesellschaft spalten würde. So könne es dazu führen, dass ein Teil der Menschen ausschließlich vom Grundeinkommen lebe, während andere weiterhin arbeiten würden und einen Großteil ihres Einkommens versteuern müssten, um das Grundeinkommen zu finanzieren. Corneo sieht daher die Gefahr eines „Ausbeutungsverhältnisses“. Als Alternative sieht er einen „Aktienmarktsozialismus“ vor, bei dem große Unternehmen zu einem erheblichen Teil (mindestens 51 %) in öffentlichem Eigentum stehen und deren Dividenden für eine Art soziale Dividende verwendet werden, die allerdings geringer ausfallen würde als ein BGE.

Wer mehr über die Argumente und Erwiderungen von Prof. Neumärker und Prof. Corneo erfahren möchte, findet den Utopia.de-Artikel hier.

 

Neuerscheinung: Sammelband zu ,Zukunftsnarrativen‘ des Bedingungslosen Grundeinkommens

Das FRIBIS freut sich, die Veröffentlichung eines neuen Sammelbandes bekannt geben zu können: Politische Partizipation und bedingungsloses Grundeinkommen – ,Narrative‘ der Zukunft, herausgegeben von Leon Hartmann, Sebastian Kaufmann, Bernhard Neumärker und Andreas Urs Sommer. Der Band befasst sich mit Themen, die im Zentrum der Arbeit des FRIBIS-Teams „Participation and UBI – ‘Narratives’ of the Future“ (PartUBI) stehen und enthält sowohl Beiträge von Wissenschafler*innen als auch von Aktivist*innen.

Klappentext:

Der vorliegende Band basiert auf der Arbeit des Large FRIBIS Teams Participation and UBI – ‘Narratives’ of the Future (PartUBI), das wie alle FRIBIS Teams aus einem wissenschaftlichen und einem aktivistischen Teil besteht: Das interdisziplinäre Research Team untersucht aus kulturphilosophischer sowie kulturpoetologischer Perspektive das Verhältnis zwischen bedingungslosem Grundeinkommen und politischer Partizipation, wie es sich vor allem im Kontext von ,Zukunftsnarrativen‘ darstellt. Das Transfer Team setzt sich politisch für die Einführung eines BGEs ein und versteht dieses zugleich als partizipativen Hebel für die Bürgerinnen und Bürger, um sich stärker an demokratischen Prozessen zu beteiligen. Dabei ergeben sich nicht zuletzt auch Brückenschläge zu einer politisch engagierten (Theorie der) bildenden Kunst.

 

 

Der Band ist ab sofort für 19,90 € erhältlich und kann u. a. über die Website des LIT-Verlags  bezogen werden.

Prof. Sophia Seung-yoon Lee stellt ihr neues Buch und den Schlüsselbegriff „melting labour“ vor

Am 24. Januar präsentierte Sophia Seung-yoon Lee, Professorin für Sozialpolitik an der Chung-Ang University in Seoul, Korea, in der FRIBIS Junior Research Group (JRG) ihr neues Buch mit dem Titel Varieties of Precarity. Melting Labour and the Failure to Protect Workers in the Korean Welfare State vor und führte zugleich den innovativen Begriff der „melting labour“ (= ,verfließende’ Arbeit) ein. Die Entwicklung, die sie mit diesem Begriff zu erfassen sucht, besteht darin, dass die traditionellen, stabilen Arbeitsverhältnisse in Südkorea immer seltener werden, während die Grenze zwischen verschiedenen Arbeitsarten und -plätzen verschwimmt. Prof. Seung-Yoon Lee lenkt damit den Blick auf Formen prekärer Arbeit, die trotz des Erfolgs der südkoreanischen Wirtschaft und dem bestehenden Wohlfahrtsstaat gegenwärtig existieren.

Wir haben Prof. Seung-Yoon Lee gefragt, wie sie die Diskussion nach ihrem Vortrag erlebt hat:

„An opportunity to deliver a lecture on my newly published book, Varieties of Precarity: Melting Labour and the Failure to Protect Workers in South Korean Welfare State at FRIBIS was an enriching experience for me. The atmosphere during the event was invigorating and intellectually stimulating, underscored by the participants’ enthusiasm and the depth of the discussion. It was particularly impressive to see the audience’s level of interest and understanding regarding the labour market and social policy in Korea, as well as the insightful inquiries about the research methodologies employed. Such interactions are invaluable, encouraging a multidisciplinary approach to tackling complex social issues.“

Über Prof. Sophia Seung-yoon Lee

Sophia Seung-yoon Lee, die an der University of Oxford in Sozialpolitik promoviert wurde, ist eine angesehene Expertin auf dem Gebiet der ostasiatischen Wohlfahrtsstaaten und Arbeitsmärkte sowie der prekären Arbeit. Der Austausch mit Prof. Seung-Yoon Lee ermöglicht es der europäischen Forschung, ein besseres Verständnis für die Herausforderungen der prekären Arbeit und die Schutzmaßnahmen in ostasiatischen Ländern zu vermitteln.

FRIBIS Best Paper Award 2023 für Nachwuchswissenschaftler*innen geht an Franziska Leopold und Tobias Jäger

Wir freuen uns sehr, das neue FRIBIS-Jahr mit der Vergabe des FRIBIS Best Paper Awards zu beginnen. Das FRIBIS-Direktorium zeichnet die Doktorandin Franziska Leopold und den Doktoranden Tobias Jäger für ihre ausgezeichneten Beiträge zur zweiten FRIBIS-Jahrestagung (2022) zum Thema „Basic Income & Development“ aus. Mit ihren Beiträgen im Sammelband Basic Income and Development. Proceedings of the FRIBIS Annual Conference 2022 haben Franziska Leopold und Tobias Jäger wesentlich zur Grundeinkommensforschung und zivilgesellschaftlichen Diskussion beigetragen.

In ihrem Text I Would Like to Continue to Advocate for the Basic Income, BUT… Barriers to political UBI-participation in German speaking countries untersucht Franziska Leopold die entscheidende Rolle von politischer Bildung und Aufklärung zum Grundeinkommen aus der Perspektive von Non-Profit-Organisationen, um Chancen und Grenzen der Befürwortung eines Bedingungslosen Grundeinkommens auszuloten. Auf der Grundlage der Analyse qualitativer Interviews diskutiert die Autorin soziodemografische Profile von Volontär-Arbeiter*innen und thematisiert Hürden, die teilweise zum Ende des Aktivismus führen.

Tobias Jäger wiederum erweitert in seinem Beitrag In the Face of Double Crises: Crossroads for Social Protection die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens angesichts gegenwärtiger und kommender Krisen und nimmt dabei auf Ugo Gentilinis (Weltbank) Vortrag Lessons from cash transfers during Covid and implications for the UBI debate Bezug, der auf der FRIBIS-Jahrestagung 2022 gehalten wurde. Der Fokus des Papers liegt dabei auf einer Diskussion veränderter Sozialschutzpolitiken verschiedener Länder im Kontext der Corona-Krise. Der Autor stellt fest, dass die Corona-Krise keine neuen Trends in der Sozialschutzpolitik hervorgebracht, sondern bestehende Trends verstärkt habe.

Wir möchten noch einmal allen Autor*innen für Ihre Beiträge danken und gratulieren Frau Leopold und Herr Jäger im Besonderen.

Die FRIBIS Jahrestagung 2023: Care & Gender – Potentials & Risks of UBI

Die 3. Jahrestagung des FRIBIS, die vom 9. bis 11. Oktober 2023 in Freiburg stattfand, konzentrierte sich auf zwei bisher in der Grundeinkommensdebatte häufig vernachlässigte Bereiche, die für das gesellschaftliche Zusammenleben entscheidend sind: Gender und Care. Im Zentrum der Konferenz stand dabei die Frage, welche Potenziale und Risiken ein Grundeinkommen für die Sorgearbeit und Gender-Themen wie Geschlechterrollen und -gerechtigkeit bietet. Ein besonderes Interesse galt dabei den Wechselwirkungen von Care und Gender im Kontext des Grundeinkommens. Organisiert wurde die Konferenz sowohl von Mitgliedern der FRIBIS-Teams care und UBIG (UBI & Gender).

BGE als Antwort auf Care-Gaps? Perspektiven und Herausforderungen

Dass Sorgearbeit zu den fundamentalen Voraussetzungen einer funktionierenden Gesellschaft gehört, wird heute gerade in Europa immer deutlicher. Angesichts einer steigenden Lebenserwartung bei sinkenden Geburtenraten sehen wir uns damit konfrontiert, dass der Pflegebedarf in Zukunft deutlich ansteigen wird. Dementsprechend standen auf der Tagung die formelle und informelle Sorgearbeit ebenso im Fokus wie das Phänomen der „Care-Gaps“: Lücken in der Versorgung oder Fürsorge, die dann entstehen, wenn der Bedarf an Sorge- und Pflegeleistungen (wie Kinderbetreuung, Pflege von älteren oder kranken Menschen) die verfügbaren Kapazitäten übersteigt. Die Teilnehmenden erörterten, welche persönlichen und institutionellen Rahmenbedingungen nötig sind, um Sorgelücken zu schließen und welche Rolle dabei ein BGE spielen könnte. Auch die Verflechtungen von Care-, Gender- & Grundeinkommens-Diskursen für sozialökologische Transformationen wurden beleuchtet.

Wir haben Prof. Klaus Baumann, Mitglied des Forschungsteams care, nach seinen Eindrücken als Tagungsteilnehmender gefragt.

Wie hat die Tagung Ihre Perspektive auf den Themenkomplex Care/Gender/BGE beeinflusst?

In den vielfältigen internationalen Beiträgen zu Care und Gender mit der Frage nach den Potentialen eines BGE wurde deutlich, wie wichtig beide Themen sind, die sich – nicht überraschend – immer wieder überschneiden. Die Tagung hat mich und unsere Care-Group sehr darin bestärkt: Forschung dazu tut not, die Entwicklung von Perspektiven und deren Kommunikation in Wissenschaft und Zivilgesellschaft wie Politik hinein wird eine immer dringlichere Aufgabe, nicht durch Polarisierungen und Simplifizierungen, sondern durch nachhaltige Argumente und seriöse Narrative.

Klaus Baumann

 Welchen Nutzen hat Ihnen die Teilnahme gebracht?
Die Konferenz war von großem Nutzen für den Austausch von Ideen und Fragen, für das Lernen voneinander und insbesondere für vielfältige Begegnungen und persönliches Kennenlernen. Sehr erfreulich waren dabei – auf persönliche Nachfragen hin – die Bereitschaft von internationalen und deutschsprachigen Beitragenden aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, mit unserer Care-Gruppe zu kooperieren. Wir werden dies konkretisieren, sobald aus diesen Sondierungen „commitments“ werden.

Bianca Blum, Christine Rudolf, Klaus Baumann

Welche neuen Ideen oder Kooperationen haben sich aufgetan?
Als neue Idee brachten wir erstmals den Begriff einer „Care-Ökologie“ für die Care-Panel-Diskussion ein, den wir weiter entwickeln werden und entfalten wollen. Denn das gemeinsame „Haus“ (oikos), als das wir unseren Planeten bevölkern, kann nur mit sorgsamer „Care“ für die aktuellen Herausforderungen geschützt und auch künftigen Generationen als lebensfreundliche Welt nachhaltig bewahrt werden. Dazu wird auch gehören, die Potentiale des BGE qualifiziert einzubringen.

Bianca Blum, Klaus Baumann, Ronald Blaschke

Gender und Grundeinkommen: Intersektionelle Perspektiven auf der Jahrestagung

Der Gender-Teil der Jahrestagung war von intersektionell-feministischen Perspektiven auf das Bedingungslose Grundeinkommen geprägt. Im Fokus standen unter anderem Überlegungen, wie das BGE die traditionellen Rollen in der Arbeitswelt (Produktion) und im privaten Bereich wie Familienarbeit und Kindererziehung (Reproduktion) beeinflussen könnte. Dabei kamen bislang vernachlässigte feministische Perspektiven verstärkt zu Wort. Ben Trotts spannende Keynote beleuchtete das Grundeinkommen aus einer queeren Perspektive, während Almaz Zelleke in ihrer Keynote eindrucksvoll zeigte, wie unterschiedliche Gesellschafts- und Steuerungssysteme sich unterschiedlich auf verschiedene Geschlechter auswirken. Auch die anderen Vorträge der Teilnehmenden regten dazu an, über die Rolle eines Grundeinkommens für eine mögliche gesellschaftliche Neuordnung nachzudenken, die von feministischen Überlegungen zu Wirtschaft und Politik ausgeht.

Mein zweiwöchiger Aufenthalt in Freiburg begann mit der dritten FRIBIS-Jahreskonferenz – meines Wissens die erste Grundeinkommenskonferenz mit einem thematischen Schwerpunkt auf Gender und Care. Es war sehr anregend, eine Sektion nach der anderen besuchen zu können, in der diese Themen und ihre Verbindung zum Grundeinkommen im Vordergrund standen. Diese Erfahrung hat einige von uns dazu veranlasst, das “Gender and Basic Income network” zu gründen, damit wir bei künftigen Konferenzpanels, Präsentationen, Forschungsprojekten und Veröffentlichungen zusammenzuarbeiten können. Ich erwarte daher, dass der thematische Schwerpunkt der Konferenz weitreichende Auswirkungen auf Grundeinkommensforschung und -aktivismus in der Zukunft haben wird.

Es war eine neue Erfahrung für mich, an einem Ort wie dem Freiburger FRIBIS zu sein, wo sich so viele Forschende in enger Zusammenarbeit dem Grundeinkommen widmen. Ich verbrachte Zeit mit Professor Neumärker und den Doktoranden dort und erfuhr mehr über die verschiedenen Projekte, an denen sie beteiligt sind, und über die Bandbreite der methodischen Ansätze, die sie verwenden. Besonders fasziniert hat mich der ordoliberale/kontraktualistische Ansatz, der in einer Reihe von Laborexperimenten verfolgt wird, um zu ermitteln, welche Vereinbarungen die Bürger:innen zu einer Reihe von Fragen im Zusammenhang mit Verteilung, Umverteilung und Grundeinkommen treffen würden.

Neben dem formellen Austausch auf der Konferenz, den Workshops und den Präsentationen war mein Lieblingsteil der Reise vielleicht die Teilnahme an einem informellen “BGE, Bier und Bratwurst”-Gespräch über die Beziehung zwischen Grundeinkommen und Arbeit. Das ist eine großartige FRIBIS-Tradition und ich freue mich darauf, bei meinem nächsten Besuch in Freiburg wieder daran teilzunehmen.

 

Almaz Zelleke

Almaz Zelleke, Jurgen De Wispelaere

Fazit

Die FRIBIS Jahrestagung 2023 bot den internationalen Teilnehmenden eine hervorragende Plattform für den interdisziplinären Austausch über Care & Gender im Kontext des Bedingungslosen Grundeinkommens. Die lebhaften Diskussionen und erhellenden Erkenntnisse werden zweifellos dazu beitragen, die Themen Care und Gender im Grundeinkommensdiskurs stärker zu verankern. Wir danken allen Teilnehmenden herzlich für ihre bereichernden Beiträge und freuen uns auf die Fortsetzung der Diskussionen im kommenden Jahr.

Vortrag von Prof. John Davis: Technological Unemployment Creates a New Kind of Collective Property that Can Fund Basic Incomes

Seit der industriellen Revolution hat die technologische Innovation zu umfassenden Verlusten an Arbeitsplätzen geführt. Bis jetzt haben jedoch dieselben Technologien, die für diese Verluste verantwortlich waren, andere Arbeitsplätze geschaffen und die Verluste damit ausgeglichen. Aber wird sich dieser Trend fortsetzen?

Prof. John Davis von der California State University, Fullerton glaubt, dass dies nicht der Fall sein wird. In einem Vortrag, den er am 21. November 2023 am FRIBIS in Freiburg hielt, stellte er seine Überlegungen zur Diskussion. Seiner Ansicht nach dringen Künstliche Intelligenz und Robotik in Aufgabenfelder vor, die bisher nur Menschen vorbehalten blieben. Wie diese jüngsten Entwicklungen in Zusammenhang mit einer Ethik des privaten und öffentlichen Eigentums stehen, war Gegenstand des Vortrags von Prof. Davis. Er argumentierte, dass es in Zeiten, in denen Menschen durch die fortschreitende Automatisierung aus dem Arbeitsmarkt verdrängt würden und keine zukünftige Beschäftigung in Sicht sei, ethisch vertretbar und angemessen sein könnte, ein Grundeinkommen aus den gestiegenen Gewinnen der „Kapitalisten“ zu finanzieren. Diese Gewinne, so Prof. Davis, seien eine neue Form des öffentlichen Eigentums. Statt lediglich auf etablierte antikapitalistische Argumentationsmuster zurückzugreifen, stellte Prof. Davis seine eigenen Überlegungen in einem Gesprächsstil vor, der sich direkt auf die Rechtfertigungen der Verfechter des Status quo auseinandersetzt.

Auf den Vortrag von Prof. Davis – der vor allem deswegen nach Freiburg kam, um ökonomisches Feedback zu seinen Überlegungen zu erhalten – folgte ein lebendiger Austausch. Auch wenn es insgesamt viele Übereinstimmungen gab, wurden einige Punkte sowohl aus der Sicht der Ökonomie, der Sozialwissenschaft im Allgemeinen und der Ethik diskutiert. Wir danken Prof. Davis für seinen Vortrag und freuen uns darauf, die von ihm geplante Abhandlung zum Thema zu lesen.

Mehr über Prof. John Davis Publikationen erfahren Sie hier.