Die FRIBIS-Jahrestagung 2022: Impressionen und Rückblick

Von 10. bis 12. Oktober 2022 fand die FRIBIS-Jahrestagung 2022 unter dem Motto „Basic Income and Development“ statt. Kann ein BGE dazu beitragen, dass Umweltressourcen nachhaltiger genutzt werden, biodiverse Lebensräume erhalten bleiben und soziale Gemeinschaften resilienter werden? Würde es Menschen in (Post-)Konfliktregionen dabei unterstützen, sozialen Frieden herzustellen? Welche Potentiale setzt ein Grundeinkommen für Entwicklungspraktiken im Globalen Süden frei, wie bedingungslos kann es in der Praxis sein? Diesen und vielen anderen Fragen widmete sich sich die Jahrestagung.

Aufgrund der globalen Dimension des Themas standen internationale Fragestellungen im Mittelpunkt der Tagung. Die Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Vertretern und Vertreterinnen aus der Zivilgesellschaft sorgte für einen intensiven Austausch und produktive Vernetzung.

Neben drei Keynote-Vorträgen von Sarath Davala, Miram Laker-Oketta und Ugo Gentilini gab es insgesamt 19 Panel-Sessions in unterschiedlichen Formaten. Dank der technischen Unterstützung durch Meeting-Eulen wurden auch hybride Panels angeboten, sodass die Teilnehmenden in Freiburg mit Menschen an anderen Orten aus der ganzen Welt diskutieren konnten. Zwei der Keynotes sind mittlerweile als Filme (angefertigt von Enno Schmidt) auf dem FRIBIS-YouTube Channel abrufbar:

Prof. Dr. Michael Opielka: Soziale Nachhaltigkeit durch Grundeinkommen? Garantismus und Ordoliberalismus aus soziologischer Perspektive

Videoaufnahme des Vortrags von Prof. Dr. Michael Opielka: „Soziale Nachhaltigkeit durch Grundeinkommen? Garantismus und Ordoliberalismus aus soziologischer Perspektive“, gehalten am 01. Dez. 2022 im Rahmen der FRIBIS Lecture Series an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Prof. Michael Opielka ist Wissenschaftlicher Leiter und Geschäftsführer des ISÖ -Institut für Sozialökologie gemeinnützige GmbH und Professor für Sozialpolitik an der Ernst-Abbe-Hochschule in Jena.

Keynote von Sarath Davala (BIEN): Towards a Basic Income Society: what humankind needs to do before we get there

Dr. Sarath Davala (Hyderabad, Indien), Vorstandsvorsitzender des Basic Income Earth Network (BIEN), spricht in seiner Keynote über das Grundeinkommen im Kontext der gegenwärtigen globalen Krisen. Sein Vortrag eröffnete die FRIBIS Jahrestagung 2022, die sich dem Thema „Basic Income & Development“ widmete.

Das BGE ist für Dr. Davala keine Utopie, sondern die notwendige gesellschaftliche Grundlage zur Bewältigung der aktuellen und kommenden Herausforderungen. In seiner Keynote spricht er über den Arbeitsbegriff, die Gleichsetzung von Arbeit und Einkommen mit Erwerbsarbeit, den Wegfall von Arbeitsplätzen durch technologischen Wandel, die sozialpolitischen Krisen und die Klimakrise. Auch das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft ist Thema. Warum wir einen neuen Gesellschaftsvertrag brauchen und welche Rolle das Grundeinkommen dabei spielt, erläutert Sarath Davala in seiner Keynote.

Miriam Laker-Oketta: Basic Income and its role in addressing climate change and biodiversity loss

In diesem spannenden und lebendigen Vortrag von Miriam Laker-Oketta – Forschungsdirektorin von GiveDirectly, dem weltweit größten Grundeinkommensprojekt – geht es um die Frage, welche Rolle das Grundeinkommen beim Kampf gegen den Klimawandel und für den Erhalt der Artenvielfalt spielt.

Miriam Laker-Oketta gibt einen ebenso lebensnahen wie lebenspraktischen Einblick in ihr reiches Erfahrungswissen, indem sie zeigt, welchen Unterschied ein Grundeinkommen für die Menschen und ihr Verhalten tatsächlich macht und wie sich dies auf Klimaschutz und Artenvielfalt auswirkt. GiveDirectly ist mittlerweile in 11 Ländern aktiv, Miriam Laker-Oketta konzentriert sich in ihrem Vortrag jedoch auf Uganda, mit einigen Querverweisen auf Kenia, Ruanda und den Kongo.

Nach einer kurzen Einführung zur Person von Prof. Sonny Mumbunan (Universität Indonesien) und einer Einführung ins Thema von Miriam Laker-Oketta folgt eine spontane Publikumsbefragung, bei der die eine Hälfte des Auditoriums Vorschläge macht, warum ein Grundeinkommen für Klima und Artenvielfalt förderlich sein könnte, während die andere Hälfte Bedenken gegenteiliger Art vorbringt. Danach präsentiert Frau Laker-Oketta ihre erstaunlichen Forschungsergebnisse und deckt dabei auch die häufig anzutreffende Doppelmoral sowie die lebensfremden Forderungen gegenüber afrikanischen Ländern auf. Was den Vortrag zu einem Erlebnis macht, ist nicht nur Miriams Laker-Okettas Freude an der Forschung, sondern auch der Praxisbezug ihrer Darstellung und die weitreichenden Konsequenzen, die ihre Ergebnisse mit sich bringen. Nach dem Vortrag kommen im Plenumsgespräch Grundeinkommensforschende sowie Aktivistinnen und Aktivisten aus verschiedenen Ländern mit Fragen zu Wort. Frau Laker-Oketta bezieht Stellung, indem sie bloße Vermutungen durch konkrete, belastbare Erfahrungswerte korrigiert, offene Forschungsfragen eruiert und wichtige neue Fragen aufwirft.

(Film, 80 Min., Enno Schmidt)

FRIBIS-Mitarbeiter Patrick Brown und Tobias Jäger im neuen enorm-Magazin zum Thema Grundeinkommen

Die neue Oktober/November-Ausgabe des enorm-Magazins, das über gesellschaftlichen und ökologischen Wandel berichtet, ist ganz dem Thema Bedingungsloses Grundeinkommen gewidmet. Auf 38 Seiten befasst sich das Magazin mit verschiedenen Aspekten rund um das BGE – und auch das FRIBIS ist mit von der Partie. Patrick Brown vom FRIBIS-Team Basic Income for Peacebuilding stellt die von ihm organisierte Machbarkeitsstudie aus Nordirland vor, und der Teamkoordinator Tobias Jäger spricht über das Projekt WEF_FABI in Namibia.

Interview mit Bernhard Neumärker zu den Freiburger Thesen in der UNIversalis-Zeitung

Im Sommer 2022 organisierte das FRIBIS eine Masterclass zum Bedingungslosen Grundeinkommen, die unter Leitung des Politologen Prof. Claus Leggewie stattfand. Als Ergebnis hielten die Teilnehmenden 10 Thesen zum Grundeinkommen fest. Nun hat die UNIversalis-Zeitung (Kulturjoker) Prof. Bernhard Neumärker zum Interview gebeten, um einige der Thesen mit ihm im Detail zu besprechen. Hier erfahren Sie mehr.

Alexander Spermann spricht auf Phoenix über Bürgergeld und Basisgeld

Der Ökonom, Arbeitsmarktforscher und Leiter des FRIBIS-Basisgeld-Teams Prof. Dr. Alexander Spermann hat am 24.11.2022 auf Phoenix ein Interview zum Bürgergeld gegeben.

Er meint, dass das Bürgergeld seinen Namen verdiene. Zwar bliebe die grundsätzliche Systematik von Hartz-IV erhalten, dennoch gäbe es auch substanzielle Neuerungen. Außerdem kommt er auf das Konzept des Basisgelds zu sprechen und erklärt die Vorteile dieses Ansatzes.

Stichwort „Bürgergeld“: Brauchen wir ein neues Menschenbild und eine neue Solidarität? Prof. Dr. Bernhard Neumärker im Interview mit Enno Schmidt

Die Einführung des Bürgergelds ist auf Kritik aus verschiedenen Lagern gestoßen. Die einen wollen darin ein verstecktes Grundeinkommen sehen, das die Anreize zur Aufnahme einer Arbeit verringere. Die anderen sehen im Begriff „Bürgergeld“ lediglich cleveres Marketing: es klinge menschlicher als „Hartz IV“, ändere aber nichts an den bestehenden sozialstaatlichen Problemen.

Im Interview mit Enno Schmidt bezieht Prof. Dr. Bernhard Neumärker Stellung zu diesem Meinungsstreit. Er erklärt, warum die gegenwärtige Debatte um das Bürgergeld einen Rückschritt im BGE-Diskurs darstellt, warum das BGE nicht nur Armen und Arbeitssuchenden helfen würde, sondern allen Menschen in Krisensituationen – und weswegen wir ein neues Menschenbild und ein anderes Solidaritätsverständnis brauchen.

Donnerstag, 01. Dezember 2022 – Abendvortrag von Prof. Dr. Michael Opielka: „Soziale Nachhaltigkeit durch Grundeinkommen? Garantismus und Ordoliberalismus aus soziologischer Perspektive“

Am Donnerstag, dem 01. Dezember 2022, hält der Soziologe Prof. Dr. Michael Opielka einen Abendvortrag zu „Soziale Nachhaltigkeit durch Grundeinkommen? Garantismus und Ordoliberalismus aus soziologischer Perspektive“.

Zeit: 18:00 – 20:00 Uhr c.t.

Ort: KG 1, HS 1015, Platz der Universität 3, 79098 Freiburg

Zur Person: Siehe persönliche Webseite.

Abstract zum Vortrag: Die Einführung eines Grundeinkommens würde die Grundlagen der Arbeitsgesellschaft des Wohlfahrtskapitalismus verändern. Sie nährt die Hoffnung auf eine sozial nachhaltige Ordnung, die mit weniger Wachstum und mehr Lebensqualität punkten kann. Sie macht aber auch Angst, dass ohne Wachstumsanreize und Erwerbsarbeitszentrierung der gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet wird. Im Vortrag soll dieses eminente Problem aus zwei ordnungspolitischen Perspektiven diskutiert werden, der Perspektive von Garantismus und Ordoliberalismus. Beide haben auf den ersten Blick viel gemeinsam, vor allem die Regelbasierung von Marktprozessen. Sie unterscheiden sich aber auch nicht unerheblich in Menschen- und Gesellschaftsbild. Der mögliche Beitrag des Grundeinkommens zu Sozialer Nachhaltigkeit bildet dabei eine Arena, auf der diese grundsätzlichen Fragen praktisch werden und damit einen notwendigen Diskurs anregen können.

Breite Diskussion anlässlich des Artikels von Dirk Farke zum Grundeinkommen

In seinem Artikel für das Online-Magazin Telepolis erklärt Dirk Farke, warum der das BGE für einen richtigen Ansatz innerhalb der falschen Krisenökonomie hält. Dabei äußert er sich auch zu den 10 Freiburger Thesen zum Grundeinkommen, die das FRIBIS gemeinsam mit dem Politologen Claus Leggewie entwickelt hat. Mit über 200 Beiträgen in der Kommentarsektion löste der Artikel eine rege Debatte aus.