UBI and Social-Ecological Transformation (UBITrans)
Bedingungsloses Grundeinkommen und sozial-ökologische Transformation: eine passende Kombination?
Angesichts des Klimawandels, zunehmender sozialer Ungleichheit, des Aufstiegs neuer Populismen und der Ausbreitung des Coronavirus ist das Bedingungslose Grundeinkommen heute mehr denn je im Gespräch. Kann es dabei helfen, einen Ausweg aus der gegenwärtigen Situation zu bahnen, die von vielen als multidimensionale Krise des Kapitalismus erachtet wird? Könnte das Grundeinkommen die gegenwärtigen kapitalistischen Volkswirtschaften von ihrer Wachstumsabhängigkeit befreien und zu nachhaltigeren Entwicklungen führen? Oder würde ein BGE lediglich neoliberale Wachstumsbestrebungen unterstützen und die Gesellschaft weiter in Richtung eines radikalen Individualismus atomisieren?
Vorgehen und Ziele
In Anbetracht der sozialen und politischen Dringlichkeit des Themas wollen wir diese Fragen und strittigen Themen rund um das Verhältnis zwischen Bedingungslosem Grundeinkommen und sozial-ökologischer Transformation in einer Reihe von Online-Vorträgen und interaktiven Debatten behandeln. Es sollen Perspektiven aus Ökonomie, Soziologie und Psychologie sowie aus zivilgesellschaftlichen Bewegungen und der Politik integriert werden.
Wir diskutieren, in welcher Weise ein Bedingungsloses Grundeinkommen die dringend benötigte sozial-ökologische Transformation ermöglichen würde. Dabei möchten wir sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen eines Bedingungslosen Grundeinkommens ausloten, die soziale und kulturelle Transformation spätkapitalistischer Gesellschaften zu beeinflussen. Berücksichtigt wird eine Vielzahl möglicher Szenarien, von grünem Wachstum über Postwachstum bis hin zu Degrowth.
Die Online-Vortragsreihe ab Juni 2022
Die Online-Vortragsreihe, die je nach Pandemielage später möglicherweise hybrid stattfinden wird, wird voraussichtlich im Juni 2022 beginnen. Sie wird sowohl die Rolle des Staates (z.B. makroökonomische Politik, Finanzierung, Bürger-Staat-Verhältnis und Akzeptanz sozial-ökologischer Reformen) als auch die Rolle von Akteuren (Produktions- und Konsummuster) und Subjektivitäten (Habitustransformation) im Prozess der sozial-ökologischen Transformation beleuchten.
Publikationen
Ketterer, H. (2021). Living differently? A feminist-Bourdieusian analysis of the transformative power of basic income. The Sociological Review. 69(6):1309-1324. (considered for journal article of the year price in 2021; ranked as “highly commended” article)
Güntert, S., Wehner, T., Mieg, H. (2022). Volunteer work: Organizational, motivational, and cultural contexts of volunteering. Springer Briefs in Psychology. (pp. 50 Swiss militia system)
Ketterer, H. & Becker, K. (2023). Qué falla en la democracia?: un debate entre Klaus Dörre, Nancy Fraser, Stephan Lessenich y Hartmut Rosa. Barcelona: Herder, Editorial.
Schachtschneider, Ulrich 2023: Ecological Eurodividend. Ein Schritt zum Grundeinkommen in Europa. In: Lüdemann,Otto/ Neumärker, Bernhard/ Schachtschneider, Ulrich: Grundeinkommen braucht Europa – Europa braucht Grundeinkommen (Hg.) 2023
Howard, Michael W./Pinto, Jorge/ Schachtschneider, Ulrich 2023: Ecological Effects of Basic Income. In: The Palgrave International Handbook of Basic Income. Palgrave Macmillan UK. 2nd Edition 2023.
Schachtschneider,Ulrich 2023: Grundeinkommen als (große) Transformation. In: Neumärker/Schulz (Eds.): Basic Income and Development, Proceedings of the FRIBIS Annual Conference 2022
Schachtschneider,Ulrich 2022: Grundeinkommen: Ein gastliches Umfeld für Postwachstum? In: Neumärker/Schulz (Eds.): Financial Issues of a Universal Basic Income Proceedings of the FRIBIS Annual Conference 2021
Schachtschneider,Ulrich 2021: The Ecological Euro-dividend: A Step towards Basic Income in Europe. In Green European Foundation (Ed.): European Green Perspectives on Basic Income Vol.II, 2021
UBITrans Public Seminar Lectures
17. November 2022: Mikael Malmeus - Situating Basic Income In Two Future Post Growth Scenarios
Abstract: How well a universal basic income (UBI) would fit into a post growth economy depends a lot on assumptions about the core characteristics of such an economy. Comparing UBI in a “local self-sufficiency” economy to a UBI in an “automation” economy, we show that the impact of a UBI would differ greatly between these contexts. Our analysis shows that a UBI is less compatible with a labor-intensive local self-sufficiency economy than a capital-intensive, high tech economy. We conclude that the feasibility and attractiveness of a UBI depends greatly on the specific characteristics of the economy.
12. Dezember 2022: Ina Praetorius - Freiheit in Bezogenheit lernen. Ohne BGE - Oder besser: Mit BGE
Abstract: Dass „Freiheit“ nicht die sterile Selbstbezogenheit des „homo oeconomicus“ meint, müssen wir in Zeiten des Klimakollaps sowieso lernen: Alle Menschen sind geboren, verletzlich, sterblich, abhängig von der Natur und voneinander. Das BGE wäre eine große Unterstützung in diesem notwendigen Lernprozess. Denn es nimmt die Angst um die eigene Existenz. Und es befreit dazu, neue freie Formen der Bezogenheit und der Gegenseitigkeit zu erfinden und auszuprobieren.
6. Februar 2023: Frank Schulz-Nieswandt - Sozialstaatskulturen und Sozialcharakter: Psychodynamische Grundlagen von Solidaritätsverständnissen
Abstract: Wohlwissend, dass der bundesdeutsche Sozialstaat in verschiedenen Teilbereichen unterschiedlichen Gerechtigkeitskonzepten folgt und daher in der kritischen Reflexion einer differenzierten Vorstellung von Solidarität bedarf, wird die Analyse in einem ersten Schritt zugespitzt auf die Idee der unbedingten Solidarität im Lichte anthropologisch fundierter rechtsphilosophischer Überlegungen über eine responsive Gabe, das Gegeben-Sein des Anderen, die Unbedingtheit der Würde und die relationale Autonomie. In einem zweiten Schritt werden die psychodynamischen Grundlagen einer kulturellen Grammatik des Miteinanders als Miteinanderfreiheit in Miteinanderverantwortung skizziert. Mit diesem Blick auf die Herausbildung eines prosozialen Sozialcharakters wird in einem dritten Schritt deutlich, dass eine kritische Theorie der Möglichkeit eines Gestalt-wahren Lebens in einer unwahren Welt nicht ohne Psychoanalyse der Subjektivierungsformen auskommt.
27. Februar 2023: Ronald Blaschke - Emanzipatorisches Grundeinkommen und Postwachstumsgesellschaft
Abstract: Am Montag, dem 27. Februar 2023, hält Ronald Blaschke einen Abendvortrag zu „Emanzipatorisches Grundeinkommen und Postwachstumsgesellschaft“. Im Vortrag soll begründet werden, warum ein emanzipatorisches Grundeinkommen eine Postwachstumsgesellschaft befördern kann. Dazu werden mehrere Thesen zur Diskussion gestellt. Eingangs erfolgen Begriffsklärungen.
20. April 2023: Alexander De Roo - Grundeinkommen - Immer wichtigerer Bestandteil grüner Politik?
Abstract: Fast alle grünen Parteien in Europa haben sich für eine Art Grundeinkommen ausgesprochen. Schon dreimal war das Grundeinkommen Bestandteil der Verhandlungen bei der Bildung einer Regierung in den Niederlanden. Der Streit um Klimapolitik und Naturschutz wird noch viele Jahre brauchen, um erfolgreich zu sein. Eine Einführung von Grundeinkommen hilft, dem zentralen Anliegen grüner Politik, da die unteren Schichten der Gesellschaft dann keinen finanziellen Stress mehr haben und sich auch grün engagieren würden. Ein aktives Werben für Grundeinkommen durch grüne Parteien ist notwendig um eine Volkspartei zu werden.
11. Mai 2023: Jurgen De Wispelaere - Basic income as an Eco-Social Policy Instrument? A Preliminary Framework and Comparative Analysis of Policy Alternatives
Abstract: For decades basic income has been hailed as an eco-friendly policy and concurrently Green Parties in Europe and elsewhere are amongst its staunchest political supporters. In recent years, basic income has come under attack from a number of policy competitors that all claim to be the real drivers of eco-social policy reform. These include: participation income, universal basic services, job guarantee programs, and forced reduction (and redistribution) of labour time through four-day work week programs. Despite a number of obvious synergies, each of these policies are typically pitched as direct competitors to the basic income proposal. The eco-social state debate has adopted a strong zero-sum approach in which we are forced to opt for one policy and ditch the others, as opposed to thinking the eco-social state as a policyscape in which a mix of different policies might be the optimal scenario. In this presentation I am more interested in exploring the comparative advantages for each of these proposals. To do so I propose to first set out a framework for the comparative analysis of competing eco-social policy proposals. Next I apply this framework briefly to examine the relative merits of basic income over its main competitors. Finally, I reflect on the need to rethink the debate on eco-social policy reform as a positive-sum game featuring a mix of various policy instruments.
19. Juni 2023: Philipp Frey - CO2 taxation for a green basic income?
Abstract:
For many years, CO2 taxation has been seen by economists who rely on market-based solutions as a key means of combating climate change. At the same time, it is well known that consumption-based taxes hit households at risk of poverty particularly hard. Thus, taxation that appears to make ecological sense threatens to become yet another inflationary driver, placing an economic burden on those who have contributed and are contributing far less to climate change than wealthy and affluent households. Against this background, the demand to redistribute the revenues from CO2 taxes as a kind of climate money enjoys great popularity. A corresponding design is intended to help reconcile social sustainability and an ecological steering effect. However, it can also be an entry project into an unconditional basic income. The lecture will illustrate the distributional effects of such a CO2 taxation to show that it represents a policy to set massive incentives in the sense of ecological sustainability and at the same time to fight poverty radically on a national, European and global level.
Research Team
Dr. Ulrich Schachtschneider
studierte Energietechnik, Soziologie and Umweltpolitik und arbeitet als Energieberater und freier Sozialwissenschaftler. Seine Forschungsinteressen sind sozial-ökologische Transformation, Nachhaltigkeit und moderne Gesellschaft, sowie Politiken des Postwachstums. Er ist Vorstandsmitglied von Unconditional Basic Income Europe (UBIE) and vertritt ein “Ökologisches Grundeinkommen“. Lebt in Oldenburg, Deutschland.
Hanna Ketterer
beschäftigt sich in ihrer Forschung mit dem transformatorischen Potential eines bedingungslosen Grundeinkommens für die kapitalistische um Erwerbsarbeit zentrierte Lebensweise. In ihrer Arbeit integriert sie Bourdieu’s Praxistheorie, feministische Perspektiven und Gabentheorie. Ihre Doktorarbeit stützt sich auf eine multi-sited ethnography zu den Alltagspraktiken von Rentier*es, Kommunard*innen und Rentner*innen. Hanna hat European Studies (BA) an der Universität Maastricht und Soziologie (MPhil) an der Universität Cambridge studiert. In der Vergangenheit hat Hanna für die Generaldirektion Beschäftigung und Soziales der Europäischen Kommission, am Zentrum für Arbeits- und Organisationswissenschaften der ETH Zürich und am DFG-Kolleg Postwachstumsgesellschaften der Universität Jena gearbeitet. Sie ist assoziiertes Mitglied des SFB Strukturwandel des Eigentums.
Dominik Schröder
ist Doktorand an der Götz-Werner-Professur der Universität Freiburg und Tutor für Wirtschaftspolitik. Sein Schwerpunkt liegt auf der Verbindung von BGE, Digitalisierung und sozial-ökologischer Transformation. Er hat im Rahmen des RES-TMO Projekts an Konzepten für eine integrierte, effiziente und nachhaltige Energieversorgung und -speicherung in der Oberrheinregion gearbeitet.
FRIBIS Team Koordinatorin
Dr. Bianca Blum
ist Post-Doc und Lehrbeauftragte am Götz-Werner-Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik und konstitutionelle Wirtschaftstheorie der Universität Freiburg in Deutschland. Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Politische Ökonomie der Nachhaltigkeit, Rebound-Effekte, empirische Methodenanwendung und experimentelles Design, Regulierung und Besteuerung sowie in der Politischen Ökonomie von Reformen. Sie arbeitete an interdisziplinären Forschungsprojekten wie dem Suslight-Projekt und dem RES_TMO-Projekt mit Schwerpunkt auf Energieeffizienzverbesserungen und Energieverbrauch.
Transfer Team
Adrienne Goehler
ist in Folge: Diplompsychologin | Präsidentin der Hochschule für bildende Künste in Hamburg | Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Berlin | Kuratorin des Hauptstadtkulturfonds | Fellow IASS Potsdam
Heute gleichzeitig: freie Publizistin und Kuratorin | Theoretikerin und Aktivistin Bedingungsloses Grundeinkommen | Initiatorin und Künstlerische Leitung ZUR NACHAHMUNG EMPFOHLEN! Wanderausstellung zu Expeditionen in Ästhetik und Nachhaltigkeit | Affiliate Fellow am IASS Potsdam.